INHALTSVERZEICHNIS
Tag 1: Kiel - Esbjerg
Tag 2: Harwich - Wisbech
Tag 3: Wisbech - Pocklington
Tag 4: York - Hardknott Pass
Tag 5: Eskdale - Carsphairn
Tag 6: Carsphairne - Dunoon
Tag 7: Dunoon - N.Ballachulish
Tag 8: Ballachulish - Isle of Skye
Tag 9: Uig - Applecross - Gairloch
Tag 10: Gairloch - Scourie
Tag 11: Scourie - Durness
Tag 12: Durness - Fort Augustus
Tag 13: Fort Augustus
Tag 14: Ft.Augustus - Ballater
Tag 15: Ballater
Tag 16: Ballater - Peebles
Tag 17: Peebles - Osmotherley
Tag 18: Osmotherley - Pocklington
Tag 19: Kilburn, White Horse
Tag 20: Pocklington - Gt. Carlton
Tag 21: Gt. Carlton - Gt. Yarmouth
Tag 22: Gt. Yarmouth - Harwich
Tag 23: Heimkehr und Fazit
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Skizze Reiseroute Tag 10

Ullapoo Filling Station

Scourie Filling Station


Tag 10 - Gairloch - Scourie

Brrr...ist das kalt morgens in den Highlands. Zwar verspricht es ein schöner, sonniger Tag zu werden, aber noch sind es erst 7°C, als ich das Motorrad zum ersten Mal anhalte, um ein Foto zu machen.

Heute geht es durch die Western Highlands nach Ullapool und dann weiter nach Norden. Ich bin schon jetzt gespannt, wo ich an diesem Freitag­abend meine Steaks braten werde.

Highlands bei Gairloch
Morgens um acht in den Highlands nahe Gairloch

An diesem Vormittag halte ich so oft zum Fotografieren an, dass ich kaum voran­komme. Gerade wenn ich wieder im 6. Gang durch die Landschaft gleite, entdecke ich erneut etwas Tolles, das ich unbedingt fotografieren möchte, einen Berg, einen Fluss, eine Steilküste, oder einfach einen weiteren sagenhaften Ausblick.

Also Gas weg, runterschalten, 5.4.3.2.1. Gang, wenden, kurzes Stück zurückfahren, wenden, anhalten. Dann gibt es noch die deLuxe Version mit Absteigen und Motor aus, aber meistens bleibe ich auf der Maschine sitzen während ich meine Fotos schieße.

River Ewe Poolewe

Motorradreise Schottland
Auf dem Weg nach Ullapool irgendwo am Wester Ross Trail...

Scotish Highlands Wester Ross
Western Highlands: Die Landschaft erinnert mich an Norwegen

Endurowandern Schottland
Immer wieder lege ich kurze Pausen zum Staunen und Fotografieren ein

Western Highlands Scotland Ullapool
Western Highlands Scotland, irgendwo in der Ferne wartet Ullapool

Drei Stunden, nachdem ich in Gairloch leicht zerknittert aus dem Schlafsack gekrabbelt bin, fahre ich an dem Schild "Ullapool - Please drive carefully" vorbei. Die kleine Hafenstadt mit 1.300 Einwohnern ist die größte Siedlung im weiten Umkreis. Gerade legt das Fähr­schiff von den äußeren Hebriden an und bringt eine Handvoll Autos und Motorräder ans Festland.

Ullapool Filling Station Fuel Gleaner Ich muss tanken und will mich danach auf die Suche nach einem guten Frühstück machen. Die Tankstelle ist kaum zu über­sehen. Strah­lend gelb leuchtet die Gleaner Filling Station in der Sonne, während darüber blauweiß das Saint Andrew's Cross weht, Schottlands Nationalfahne.

Gute 5 l Unleaded passen diesmal in den Tank der KLX. Gedanken­verloren verstaue ich den Kassenbon in meinem Reisetagebuch, als ich plötzlich von hinten ange­sproch­en werde: "Svenja!". Es liegt kein fragender Unterton in der Stimme, sondern klingt sich ihrer Sache sicher.

Ich drehe mich um und sehe, ja wer ist denn das? Kenne ich nicht. Zwei Männer, zwei Frauen und zwei BMW GS mit deutschen Kennzeichen. Wie sich herausstellt, kennen wir uns aus einem Motorrad­forum im Internet und sie haben die Green Cow erkannt.

Wir unterhalten uns über die weiteren Reisepläne und sind uns sicher, dass wir uns wieder­sehen werden, denn wir wollen alle nach Durness. Mir fällt auf, dass die Frauen sich total schön geschminkt haben mit ausdrucksstarken Augen, Lippenstift und etwas Foundation. Endlich normale Menschen, denke ich, denn auch ich würde never ungeschminkt losfahren.

Ullapool

Nach dieser unverhofften Begegnung fahre ich auf der Shore Street am Wasser entlang und stelle das Motorrad am Hafen ab. Im Vorbeifahren habe ich ein Schild entdeckt, das sofort meine volle Aufmerksamkeit hat: "The Chippy. Winner best UK take away. BBC Radio 4 Food and Farming Awards."

Das klingt ja super und ich bin gespannt, was mich erwartet. Der Laden ist geradezu klinisch sauber und scheint eben erst geöffnet zu haben, denn es dauert eine ganze Weile, bis jemand kommt und nach meinen Wünschen fragt. Inzwischen hatte ich genügend Zeit, mir in Ruhe etwas Leckeres auszusuchen: "Haggis and Chips, please."

Es scheint sich dabei jedoch nicht um ein klassisches Frühstück zu handeln, jedenfalls wird es morgens noch nicht ausgeschenkt. Stattdessen nehme ich ein Full Breakfast take away und setze mich damit draußen in die Sonne. Das Frühstück ist ok, aber mehr auch nicht. Es macht keinen Spaß, black pudding mit Plastikbesteck aus einer Styroporschale zu gabeln. Satt werde ich trotzdem und es ist ein tolles Gefühl, an diesem schönen Morgen draußen zu sitzen und noch ein paar tausend Kilometer Premium­urlaub vor sich zu haben.

The Chippy Ullapool

Bevor ich in Ullapool losfahre, rufe ich noch kurz in Kiel bei meiner Freundin Claudia an. Sie ist ganz aufgeregt, weil sie auf Google Streetview eine interessante Route entdeckt hat, die sie mir wärmstens ans Herz legt: Ich soll auf dem Weg nach Norden hinter dem Ardvreck Castle nach links auf die A837 fahren, die mich auf Umwegen an der Küste entlang später wieder zurück auf die Hauptstrecke nach Norden führen wird.

Western Highlands

Nach einer halben Stunde taucht in der Ferne die Ruine von Ardvreck Castle auf. Hier hat der Clan der MacLeod den Marquis of Montrose gefangen gehalten, der in dem Film "Rob Roy" von John Hurt gespielt wurde. Wenn das wirklich so ein fieser Möb war, dann geschah ihm das nur recht, denke ich, auch wenn ich es total gemein finde, dass sie ihn später ge­vierteilt haben...

MacLeod Ardvreck Castle

Ich halte kurz an und bei laufendem Motor überlege ich, ob ich die 51 km lange Strecke über Lochinver fahren soll, oder ob ich einfach weiter der Hauptstrecke nach Scourie folge. Ich rechne kurz nach, ob ich mit dem Benzin hinkomme, denn vor Scourie wird es vermutlich keine Tankstelle geben.

Roadsign Lochinver

Ja, das Benzin wird reichen und für den Notfall habe ich den 1,5 l Reserve­kanister. Ich fahre zurück auf die Straße und nehme die A837 in Richtung Lochinver.

Sheep on the roadAuf den ersten Kilometern ist die Single Track Road noch prima ausgebaut und führt durch eine schöne, aber nicht spektakuläre Landschaft.

Man muss bloß höllisch aufpas­sen, weil immer wieder diese dummen Schafe auf der Straße herumstehen und nur wiederwillig Platz machen.

Nach kurzer Zeit aber wandelt sich das Bild. Bäume und Sträucher ver­schwin­den und der Blick öffnet sich einer felsigen Mond­land­schaft. In der Ferne leuchtet zwischen den Bergen azurblau das Meer.

Es macht unglaublich viel Spaß, auf dem verschlungenen Single Track durch diese unwirtliche Landschaft zu fahren. Außerdem ist es ein strahlend sonniger Tag und es sieht weit und breit nicht nach Regenkombi aus.

Highlands Lochinver

Highlands Lochinver

Sign sheep and lams on road slow

Schließlich erreiche ich die Küste und sehe an einer kleinen Bucht mit schneeweißem Sand sogar einige Badende im azurblauen Wasser herum­plantschen. Ich kann kaum glauben, dass ich in Schottland bin.

White sandy beaches of Scotland
An der Küstenstraße nahe Clachtoll

Deserted Church, eine verlassene Kirche
In dieser Kirche werden nur noch Schafe auf einer grünen Aue geweidet

Strand in den Highlands

Coastal Route Scourie

Nach 51 Kilometern endet die Straße und führt zurück auf die Hauptstrecke. Ich biege links ab nach Durness. Vielleicht zelte ich heute abend schon an der Nordspitze Schottlands.

Road Sign Ullapool Durness

Ginster Schottland Highlands
Ginster und Fingerhut sind in Schottland häufig zu sehen

Road to Scourie

Zuerst fahre ich achtlos daran vorbei. Erst hundert Meter weiter dringt es in mein Bewusst­sein: "War das nicht gerade eben eine Zapfsäule?" und wende um zu tanken. Tankstellen gibt es in den Highlands zur Genüge, aber nicht immer sind sie auf den ersten Blick zu entdecken.

Scourie Filling Station Scotish Fuels

Als ich kurz hinter der Tankstelle auch noch einen SPAR-Markt entdecke, gebe ich meinen Plan auf, heute noch bis nach Durness zu fahren. Ich möchte lieber eine Nacht in Scourie zelten und fahre morgen weiter nach Durness.

Scourie Camping and Caravaning ParkBin ich nicht vor ein paar hundert Metern an einem wunderschön gelegenen Camping­platz am Meer vorbei­ge­fahren? Ich wende erneut und fahre zurück.

Der Scourie Camping Park ist tatsächlich eine Ent­deck­ung: Hier stehen endlich einmal nicht die Wohnmobile, sonder die Zeltcamper auf den schönsten Plätzen direkt am Wasser. Für die Zelte gibt es terrassen­förmig ange­legte Rasen­flächen mit Blick aufs Meer.

Wenige Minuten später zelte ich auf feinstem englischen Rasen und die Green Cow steht gleich daneben.

Ich lege einen Stein unter den Seitenständer der Kawasaki, weil der Rasen so flauschig ist, dass der Ständer sonst einsinkt. Wow, denke ich. Welch ein wunderschöner Zeltplatz das ist.

Scourie Camping Motorrad

Beschreibung
Man hat von jedem Stellplatz aus freien Blick aufs Meer

Gegen Abend bekomme ich Gesellschaft. Ein Radfahrer baut in der Nähe sein kleines Zelt auf. Es ist Bruce, der allein mit dem Fahrrad von John o' Groats an der Nordspitze Schottlands nach Land's End unterwegs ist, der Südspitze Englands. Wir unterhalten uns angeregt solange bis wir plötzlich von einem völlig unverhofften Regenguss in unsere Zelte getrieben werden. Eben schien noch die Sonne, da versteh einer das schottische Wetter...

Svenja im Zelt

Im Zelt lege ich mich gemütlich auf meinen Schlafsack und lese ein Buch, das ich mir extra für den Urlaub gekauft hatte: "Ayla - The Clan of the Cave Bear" Welch ein Schwachsinn. Schon nach einem Zentimeter lege ich das Buch zur Seite und beschließe es später zu entsorgen.

Inzwischen scheint längst wieder die Sonne und ich frage mich, ob ich schon Hunger habe. Gegenfrage: Ist der Papst katholisch? Natürlich habe ich Hunger und so baue ich Svenjas kleine Hexenküche in der Apsis auf.

Das Abendessen im Zelt ist für mich immer das Highlight des Tages. Ich brate mir vier ver­blüffend leckere Steak Burgers, esse eine Dose Heinz Baked Beanz dazu und gönne mir zum Nachtisch eine Tafel Toblerone und eine Dose John Smith's. Dieses cremige Bier wird ab sofort mein neues Lieblingsbier und verdrängt das Fursty Ferret auf Platz 2.

Svenja schläft im Zelt

Puh, bin ich satt. Welch ein schöner Abend, es ist fast völlig windstill. Ich lasse mich nach hinten auf den Schlafsack sinken, während meine Beine noch aus dem Zelt ragen.

"Nur einen Moment ausruhen.", sage ich zu Pieps, der kleinen Maus, die mich ungläubig ansieht, weil ich alles alleine gegessen habe, aber innerhalb von Sekunden bin ich fest eingeschlafen. Wie gut, dass die schottischen Midges lediglich ein Mythos sind, denn wenn es sie wirklich gäbe, dann hätten sie heute leichtes Spiel gehabt.

Sunset in Scourie
Blick von meinem Zelt: Sonnenuntergang in Scourie

Nach einer guten Stunde bin ich wieder wach und gehe das Geschirr spülen. Danach kümmere ich mich um das Motorrad. Ölstand, Reifen, Schrauben, alles in Ordnung. Nur die Antriebskette muss gefettet werden, was ich mit geradezu meditativer Gründlich­keit erledige. Es ist 21:02 Uhr als ich in mein Zelt krabbele und kurz danach auch den Schlafsack von innen zumache. Gute Nacht, liebe Welt.

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Svenja Svendura Panic Coda iMacMade by Svenja Svendura on Apple iMac with Panic Coda and Photoshop Elements.