Bayern muss warten
Jeden Kilometer und jede Übernachtung dieser Reise habe ich minutiös geplant und jetzt will ich alles über Bord werfen? Nein, ich werde mich straight ans Drehbuch halten. Bayern muss warten, ich bin mit Tschechien noch nicht fertig. Der Entschluss dazu ist irgendwann in der Nacht gereift.
Alleine hätte ich mich das nie getraut, weil da dieses fette, leuchtend rote Durchfahrt verboten Schild steht, aber das hat sicher nur empfehlenden Charakter, sonst würden die Jungs von Garmin sowas nicht vorschlagen und so düse ich mit Karacho auf einer wüsten Schotterpiste durch den Wald und habe keinen Schimmer, wo ich bin.
Nach knapp zwei Kilometern endet der Weg an einer Straße mit der Nummer 31519 und die Strecke hält, was die fünfstellige Straßennummer verspricht, es ist eher ein asphaltierter Feldweg durch den Wald, als eine Landstraße. Die Bäume stehen dicht und hoch, so dass von der Landschaft wenig zu sehen ist.
Der Weg endet nach einer halben Stunde Fahrt durch die Einsamkeit unvermittelt an der E442, einer Schnellstraße, auf der an diesem Montagmorgen dichter Verkehr herrscht. Ich muss einen Moment warten, bis sich eine Lücke auftut, die groß genug ist, dass ich mich gefahrlos einfädeln kann.
Im morgendlichen Berufsverkehr fällt mir einmal mehr auf, was für disziplinierte Autofahrer die Tschechen sind. Wir gleiten alle mit 90 km/h dahin und niemand fällt durch ebenso irrwitzige, wie sinnlose Überholmanöver aus der Reihe.
Als wir auf die große Rastanlage in Moravska Trebova zufahren, setze ich den Blinker rechts und fahre von der Schnellstraße hinunter auf die Tankstelle. Der 7,7 Liter Tank der Kawasaki braucht noch kein Benzin, aber Pieps und ich haben Lust auf ein kleines Frühstück.
An fast allen Zapfsäulen wird getankt und auch der Parkplatz vorm Rasthaus ist bis auf den letzten Platz belegt. Ich stelle das Motorrad neben der Eingangstür ab und lasse Helm und Handschuhe am Lenker zurück. Die Maschine steht ein wenig im Weg, aber das scheint niemanden zu stören, die Leute gehen einfach um das Motorrad herum.
Im Verkaufsraum der Tankstelle stehen die Menschen Schlange vor den beiden Kassen und auch die Stehtische sind von Kaffeetrinkern besetzt. Ich gehe weiter nach hinten durch ins Schnellrestaurant, wo Trucker und Autofahrer beim Frühstück sitzen. Ein Tisch ist noch frei, das ist unserer. Ich hänge die Jacke über einen Stuhl und setze Pieps auf den Tisch, bevor ich mich der heißen Theke zuwende.
Wenn ich ein Frühstücksbuffet entwerfen sollte, dann würde es ungefähr so aussehen, wie dieses. Hinter einer heißen Glasscheibe warten knusprige Schweinehaxen, daneben gegrillte Hühnerbeine in einer gelben Sauce und über allem zwei Tabletts Krakauer Würste mit Fettstücken von der Größe kleiner Mensch-ärgere-dich-nicht Würfel darin.
Hinter dem Tresen steht eine junge Frau mit schwarzen Haaren. Sie hat sich ein tolles MakeUp gemacht und wirkt eher wie eine Stewardess, als eine Wurstverkäuferin.
"I would like one of these", zeige ich auf die Krakauer, "and coffee, please."
"Oh, yes", gibt sie in klarem Englisch zurück. "I am learning english and I hope that you can understand me?"
Ich verstehe sie bestens und bin richtig glücklich, mich mit jemandem zu unterhalten, der älter als Pieps ist. Iveta, so lautet ihr Name, ist fassungslos, dass eine Frau ohne männliche Begleitung mit dem Motorrad auf Reisen geht und das in einem fremden Land, dessen Sprache sie nicht kennt. Ob das nicht gefährlich sei, "Isn't it dangerous?", möchte sie wissen.
"No, not at all. What could possibly happen?", denn zufällig weiß ich, dass die Kriminalitätsrate in Tschechien noch deutlich unter der Deutschlands liegt und es ein sehr sicheres Reiseland ist.
Mit großem Appetit mache ich mich über das Frühstück her und auch Pieps kaut auf beiden Backen. Das Restaurant ist bis auf den letzten Platz belegt und außer dem Klappern von Geschirr und dem fremden Stimmengewirr nehme ich meine Umgebung nur als ein diffuses Hintergrundgeräusch wahr.
"Madamski... Madamski."
"Madamski!", diesmal lauter.
Ich sehe von meinem Teller auf in das freundliche Gesicht eines LKW-Fahrers, der neben mir steht und mich freundlich ansieht. In diesem Moment habe ich ein Deja-vu, als ich mich an eine Situation in Frankreich erinnere, die ganz ähnlich war, nur dass es damals "Madame, Madame!" hieß.
Auch der LKW-Fahrer spricht fließend Englisch und ich erfahre den Grund seiner Begeisterung. Er wollte sein ganzes Leben lang gerne eine Harley-Davidson besitzen, aber jetzt, wo er sie sich leisten könnte, sei er zu alt dafür. Nun aber, wo er mich sieht, wird ihm klar, dass er nicht zu alt ist und will sich seinen Plan noch einmal überlegen.
Er scheint richtig euphorisch bei dem Gedanken, sich nun doch diese Harley zu gönnen, jetzt, da er eine so alte Else auf einem Motorrad sieht. Das Letzte sagt er natürlich nicht, aber sein Gedankengang ist klar. Der Mann ist sicher noch keine Fünfzig und so fröhlich, dass ich ihm sein uncharmantes Kompliment nicht übel nehmen kann.
Nebenher übersetzt er immer wieder für seinen Mitfahrer, in Tschechien scheinen Trucker noch zu zweit auf dem Bock zu sitzen, aber ich verstehe kein Wort außer einem gelegentlich eingestreuten Madamski.
Als die Beiden endlich weiter müssen, unterhalte ich mich noch ein wenig mit Iveta. Ihr Traum ist es, eines Tages als Kindermädchen in London zu arbeiten, was der Grund ist, weshalb sie mit viel Engagement die englische Sprache lernt.
Ich verabschiede mich und wünsche ihr das Beste für die Erfüllung ihrer Träume. Soweit ich das beurteilen kann, ist es ein kleiner Traum und ein realistischer, der mit ein wenig Mühe und Dranbleiben in Erfüllung gehen dürfte. Ich wünsche es ihr.
Als ich nach einer halben Stunde zurück zum Motorrad gehe, bemerke ich, dass ich mein Navi oben im Kartenfach des Tankrucksacks vergessen habe, wo es für jedermann sichtbar liegt. Es ist noch dort, wie ich es zurückgelassen habe, aber ich muss wirklich besser auf meinen Kram aufpassen. Das Navi taucht auf meiner inneren Bestandsliste noch nicht auf.
Am zentralen Busbahnhof stehen viele Schulkinder, entweder beginnt die Schule hier erst spät, oder sie endet sehr früh, denn es ist erst 10 Uhr morgens.
Die Tschechen scheinen eine besondere Vorliebe für Blumen zu haben, was sie mir nur sympatisch macht, denn die Straßen und Plätze von Letovice sind mit aufwendigem Blumenschmuck liebevoll hergerichtet.
Genauso kommt mir Tschechien vor. Gerade als ich denke, wie ärmlich dieser alte Traktor auf dem Feld aussieht, kommt kurz darauf ein modernes Allradgeschoss von Fendt um die Ecke mit riesigen Reifen, Klimakabine und GPS-Steuerung. Mit Bauwerken und Straßen verhält es sich hier ganz ähnlich.
Es sind sechs Maschinen mit tschechischen Kennzeichen, die auf dieselbe Art mit Urlaubsgepäck beladen sind, wie meine KLX, nämlich mit Gepäckrolle und Tankrucksack ohne schwere Koffersysteme. Bestimmt sitzen die Biker im Biergarten und essen eines der leckeren Gerichte, die auf den Tafeln vorm Lokal angeschrieben sind.
Am Ortsende werde ich langsamer und kehre um. Ich möchte mich dazusetzen und ein bisschen mit den Jungs reden, denn dass es Jungs sind, daran habe ich keinen Zweifel. Vor allem aber möchte ich etwas essen.
Ich parke die Kawasaki in einer Reihe neben den anderen Maschinen und gehe hinüber zum Lokal, das ein wenig an eine Western Ranch erinnert. "Muzeum Motocyklu" steht an der Hauswand und über dem Eingangstor lese ich "Camping Museum".
An einem der rustikalen Holztische sitzt eine Motorradgang von sechs Männern, einige jünger, andere älter als ich. Ich nicke ihnen im Vorbeigehen freundlich zu und setze mich an den Nebentisch. Die Bedienung kommt und ich bestelle vorweg eine Cola. Die junge Frau spricht nicht nur Englisch, sondern auch Deutsch und bringt mir kurz darauf ein großes Glas Cola und eine Speisekarte in deutscher Sprache.
Mit großem Interesse studiere ich die fremde Karte, denn auch wenn sie in meiner Sprache geschrieben ist, so sind mir die Gericht darauf fremd, aber schon beim Lesen läuft mir das Wasser im Mund zusammen. Hier gibt es noch richtig herzhafte Gerichte und nicht irgendwelchen Salat an einem Bett von Sauerampfer, wo man immer ein schlechtes Gewissen bekommt, wenn man sich was Anständiges bestellt.
Es fällt mir wie immer wahnsinnig schwer, mich für ein Gericht zu entscheiden, weil ich außer Salat fast alles mag und jede Entscheidung für ein Gericht zugleich eine Entscheidung gegen alle anderen Spezialitäten auf der Karte ist. Ich bin verzweifelt.
Das Gericht, für das ich mich nach langem Hin und Her entscheide, nennt sich Mährische Leckerei. Mit 5,40 Euro ist es das teuerste Essen auf der Karte und ich liebe jede einzelne Zutat: geräucherter Schweinekamm, Schweinebraten, Sauerkraut und Semmelknödel mit Zwiebelsauce und Speck.
Während ich auf mein Essen warte, wende ich mich den Jungs am Nebentisch zu, die bereits beim Bier angekommen sind. Hier wird noch getrunken, wie bei uns in den Siebzigern, ohne schlechtes Gewissen wegen ein paar Glas Bier am Lenker.
Nach einer Weile kommt der sechste Mann zurück und er spricht tatsächlich ganz gut Englisch. Nach wenigen Sätzen tauen die Jungs auf und ich erfahre, dass sie alte Kumpels sind, die einmal im Jahr gemeinsam eine Motorradtour durch Tschechien machen. Im Ausland seien sie noch nicht gewesen, weil es zu teuer sei und wenn ich an die Preise auf der Speisekarte denke, dann kann ich das gut verstehen.
Inzwischen löchern die Anderen den Dolmetscher mit Fragen, die er mir stellen soll und er übersetzt bereitwillig. Am brennendsten interessiert die Jungs welche Maschine ich fahre, eine Kawasaki KLX, welchen Beruf ich habe, Polizistin, und ob ich einen boy friend habe, nein!
Immer wieder Wortwechsel auf tschechisch, die ich nicht verstehe, aber ich merke, dass der Dolmetscher anfängt zu filtern und an dem Gelächter der Jungs kann ich mir ungefähr vorstellen, in welche Richtung sich das Gespräch entwickelt.
Die Kellnerin kommt mit meinem Essen und während ich mich noch über die gute Portion freue, trinken die Biker ihr letztes Bier aus und brechen auf. "Tschüss Jungs, habt eine gute Zeit miteinander", rufe ich ihnen auf Deutsch hinterher, damit sie auch mal was zum Grübeln haben.
Auf einem Felsen über der Stadt thront Schloss Vranov nad Dyji. Dort wurde der Thriller Triple X mit Vin Diesel gedreht, allerdings auch ein Märchenfilm mit Harald Juhnke, aber das muss man ja nicht groß rumerzählen.
Vor meiner Reise hatte ich gelesen, dass Tschechien ein säkulares Land ist, ein Land also, das eher weltlich und nicht so sehr religiös ausgerichtet ist. Umso erstaunter bin ich über die vielen Heiligenbilder, Kreuze und Statuen, die noch in der einsamsten Gegend am Wegesrand stehen. Die meisten sind tadellos in Schuss und der frische Goldlack glänzt in der Sonne, aber erst als ich eine alte Kapelle sehe, die stark verwittert auf einem Hügel steht, halte ich an für ein Foto.
Mit dem Korb in der Hand schlendere ich an den fremden Produkten vorbei. Nur selten sind die bekannten Marken darunter, die mir so langweilig und vertraut sind. Stattdessen gibt es viele unbekannte und daher interessante Waren zu sehen.
In einem betagten Kühltresen liegt eine überschaubare Auswahl von Fleisch, aber auf den ersten Blick ist nichts Verlockendes darunter, doch dann entdecke ich eine Spezialität der Gegend, Würste und Speck.
Aus Kiel kenne ich nur fetten und geräucherten Speck, nett für Bratkartoffeln, aber mehr auch nicht. Hier hingegen gibt es eine große Auswahl geräucherter und gewürzter Specksorten. Ich bin begeistert und beschließe spontan, dass heute die Küche kalt bleibt.
Mit fragendem Blick zeigt sie auf die Schneidemaschine, ich nicke, sie schneidet das Stück in mundgerechte Scheiben und wickelt sie in Pergamentpapier.
Auf dem Weg zum Ausgang nehme ich mir noch zwei Dosen Bier, zwei Schokoriegel und zwei Ansichtskarten mit. An der Kasse zahle ich 114 Kronen, umgerechnet knapp 4,20 Euro. Speck, Bier und Schokolade, das wird ein Festessen heute abend im Zelt und ich kann es kaum erwarten, endlich zum Campingplatz zu kommen, möge es ein guter sein.
Als das Navi nach links auf einen matschigen Feldweg zeigt, der zum Autokemping Osika führen soll, ahne ich nichts Gutes, auch wenn es nur die rückwärtige Zufahrt ist. Neugierig fahre ich ein Stück durch den Wald bis ich vor einem verwitterten Gebäude halte. Das muss die Rezeption sein.
Ich setze mich auf mein Motorrad und starte zu einer Platzrunde. Es ist ein riesiger Ferienplatz mit einer großen Badestelle am See, aber es sind keine Camper zu sehen, der Platz scheint verlassen.
In einer Ecke stehen mehrere Holzhütten und davor hängt bunte Wäsche auf der Leine. Frauen mit schwarzen Haaren in langen Röcken passen auf eine Schar von Kindern auf, die neugierig aufsehen, als sie mein Motorrad hören.
Mit ihren schwarzen Haaren und den dunklen Augen sehen sie alle ein wenig aus wie ich, aber zelten möchte ich hier trotzdem nicht. Der Platz hat etwas Abweisendes und lässt selbst Powers-the-Pot in Irland beinahe einladend wirken.
Ich nehme das Garmin aus dem Tankrucksack und rufe die POI auf, die Points of Interest, wo Tankstellen, Restaurants, Polizeistationen und eben auch Campingplätze gespeichert sind. Führe mich zum nächst gelegenen Campingplatz, tippe ich in das Auswahlmenü. Sofort erscheint eine neue Route auf dem Display, 8 km steht darunter. Ich lege den ersten Gang ein und gebe Gas.
Die Route führt auf direktem Weg durch Nova Bystrice und von dort weiter in die Wälder. Ich überlasse die Führung ganz dem Navigationsgerät. Es ist nicht anders, als wenn ein Guide in Warnweste vorausfahren würde und ich stumpf hinterher, nur dass ich auf ein Display glotze, anstatt auf das Rücklicht des Tour Guides. Funktioniert perfekt, ist sehr komfortabel und zugleich sehr unangenehm.
Der Asphalt hat schon vor einer Weile aufgehört und jetzt geht es auf überwucherten Forstwegen durch den Wald. Ich habe zwar keine Ahnung wo ich bin, aber es muss einfach richtig sein, denn es sind nur noch 4,7 Kilometer bis zum nächsten Camp, welches auch immer das sein mag.
Stur folge ich den Anweisungen des Navi, aber es ist nicht mehr so einfach, die Linie auf dem Display in die wirkliche Welt zu übertragen, denn inzwischen haben alle Wege aufgehört und ich fahre quer durchs Unterholz. Nur ab und zu ahnt man noch Reste eines Weges.
Plötzlich stehe ich mit beiden Stollenreifen in einem Blaubeergestrüpp und bin mir sicher, dass dies der falsche Weg ist. Dann musste ich eben auf der Lichtung doch nach rechts tiefer in den Wald hinein, die Anzeige auf dem Display war nicht ganz eindeutig.
Zurück auf der Lichtung wähle ich den anderen Weg, einen überwucherten Trampelpfad, kaum mehr als ein Wildwechsel. Im Schritttempo rolle ich den Pfad entlang, der an manchen Stellen kaum zu ahnen ist. Zweige ragen über den Weg und ich tauche mit dem Kopf am Lenker unter ihnen hindurch bis der Wald ganz plötzlich endet und ich vor einem roten Warnschild stehe: Pozor! Statni hranice probihaji hranicnim vodnim tokem, steht darauf.
Ein paar Meter weiter sehe ich die graue Rückseite eines anderen Schildes und fünfzig Meter weiter erwächst aus dem Nichts eine schmale Asphaltstraße. Ich rolle über den winzigen Bach, der kaum mehr als ein Rinnsal ist, und stelle den Motor ab.
Achtung Staatsgrenze, steht auf dem Schild am anderen Ufer. Die Frage lautet bloß, welcher Staat? Bin ich zurück in Deutschland? Ich schieße ein paar Fotos, aber außer Bäumen und den beiden Schildern gibt das Motiv nicht viel her.
Minuten später stehe ich auf dem entzückendsten kleinen Campingplatz, den man sich nur denken kann. Erstaunlich, wie das Navi mich hierher gelotst hat, obwohl ich für diese Aktion vor zwanzig Jahren noch erschossen worden wäre. Blödes tolles Navi.
Haarstuben Camping Reingers steht auf einem Schild und darunter abgebildet zwei Pflanzen, die für mein polizeiliches Auge verdächtig nach Hanf aussehen.
Der Waschraum "puts my own bathroom to shame", so neu und komfortabel ist er ausgestattet. Nachdem ich alles angesehen habe, möchte ich einchecken, aber die Rezeption ist verlassen. Auf einem Zettel ist eine Handynummer angegeben, man soll Astrid anrufen und das tue ich jetzt.
Es klingelt zweimal, bis sich eine Frauenstimme als Astrid meldet und mir in diesem süßen österreichischen Slang erklärt, dass sie gleich da sei. Eine Minute später steht Astrid schon vor mir. Sie war auf dem Platz unterwegs, um nach dem Rechten zu sehen.
Ich folge ihr in die Rezeption und fülle ein Gästeblatt aus, so heißt das Anmeldeformular hier. Fein säuberlich schreibe ich meine Daten in die Felder, während Astrid mir ein wenig von der Gegend erzählt. Wie sich herausstellt bin ich im Waldviertel gelandet, dem nordwestlichsten Zipfel von Österreich.
Der Platz ist in Parzellen unterteilt, die fein säuberlich durch Hecken abgetrennt sind. Ich mag das, weil es guten Wind- und Wetterschutz bietet und gerade jetzt sieht es zum ersten Mal auf dieser Reise so richtig nach Regen aus.
Gerade bin ich mit allem fertig, habe die Isomatte ausgerollt und den Schlafsack ausgeschüttelt, als die ersten Regentropfen aufs Zelt fallen. Heute bleibt die Küche kalt, aber dafür möchte ich einmal richtig feudal speisen, ich nehme unser Essen und gehe mit Pieps in den Aufenthaltsraum, wo wir uns an einem Tisch in der Ecke häuslich niederlassen.
Der Raum ist so gemütlich eingerichtet, dass ich mich sofort wohlfühle. Alles strahlt Stabilität und Sauberkeit aus, eine schöne Abwechslung zum Räuberlager der vergangenen Nächte.
Das war also unsere Tschechienreise, sinniere ich, während ich die Ereignisse des Tages in mein Moleskine schreibe und nebenher in kleinen Schlucken das zweite Bier trinke.
Ich überlege, ob ich morgen zurück nach Tschechien fahren und meiner ursprünglichen Route folgen soll, aber mir ist die Lust vergangen, wir hatten einfach einen schlechten Start, Tschechien und ich. Das ist wie in der Kneipe, wenn du reinkommst und gleich was auf die Nase bekommst. Da kann der Typ an der Garderobe noch so nett sein, der dir deine Jacke gibt, erstmal hast du die Nase voll von dem Laden.
Jetzt bin ich gespannt auf Österreich. Ich mag die Menschen, verstehe einige Brocken der Sprache und habe viel von dem guten Essen und der schönen Landschaft gehört.
Mal sehen, was mich morgen erwartet...
zum nächsten Tag...
zurück nach oben
Welch ein aufregender Tag! Vielleicht liest es sich zuhause auf dem Sofa wie eine müde Geschichte, aber allein im Wald, irgendwo im Grenzgebiet zwischen Tschechien und Österreich, war es schon ein kleines Abenteuer.