Autozug vs Landstraße
Jedes Jahr dieselbe Entscheidung: Nehme ich den Autoreisezug in den Süden, oder fahre ich auf eigenen Reifen zweimal quer durch Deutschland? Will ich mich durch den dichten Straßenverkehr quälen, oder selig über Nacht an mein Ziel schlummern? Klingt nach einer einfachen Entscheidung. Ist es aber nicht.
Im Autozug | Auf der Straße |
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Schlafe ich über Nacht ans Ziel. Von hier ab ist jeder Kilometer ein Urlaubskilometer | Muss ich nichts buchen und kann je nach Urlaubs- und Wetterlage auch kurzfristig losfahren. Das ist gerade für die Rückreise richtig klasse |
Spare ich pro Urlaubsreise vier bis sechs Fahrtage und ca. 1.800 km Reifen, Nerven und Verschleiss | Muss ich keinen Fahrplan einhalten, wann ich am Bahnhof sein muss, sondern kann starten, wann immer ich möchte |
Die Strecke HH-Lörrach-HH kostet zwischen 886 € und 1.718 € für eine Person mit Moto. (Je nach Buchungsart im Liege- oder Schlafwagen) | Habe ich mit Moto und Zelt für Kiel Frankreich und zurück nur ca. 360 € ausgegeben für Essen, Benzin und sechs Zeltplätze (Verschleiss am Motorrad nicht gerechnet) |
Die Fahrt auf den Autozug ist durch die niedrige Deckenhöhe für mich auf meiner hohen Enduro stressig | Fahre ich viele lange Kilometer, die ich eigentlich gar nicht will. Auf der Heimreise ist das besonders ätzend. |
Gepäck muss eventuell entladen und mit ins Abteil genommen werden. Wer allein reist, braucht einen Aufpasser fürs Gepäck, während man das Motorrad vom Zug fährt | Verbrauche ich allein sechs bis acht Urlaubstage nur für An- und Abreise (was seit neuestem egal ist, weil ich jetzt im Ruhestand bin) |
Je nach Buchung habe ich mit bis zu 5 Fremden im Abteil geschlafen. Es war unerträglich eng. | Der Verschleiss der Reifen auf den 1.800 km An- und Abreise ist heftig. Besonders mit Stollenreifen. |
Verlässlichkeit fehlt: Zweimal sind meine Fahrten ausgefallen, einmal Lokführerstreik und einmal eine Baustelle auf der Strecke. Das hat mich in Schwierigkeiten gebracht. | |
Eine Stornierung der Reise ist ohne extra Reiserücktrittsversicherung teuer. Es gibt keinen Flexi-Tarif |
„Guten Abend. Sind Sie Frau Kühnke?“
„Ja, die bin ich.“
„Ihr Gepäck steht draußen auf dem Bahnsteig. Das musste alles runter. Wenn das mit soll, müssen Sie es jetzt holen. Wir fahren bald ab.“
Was war geschehen? Jedes Jahr derselbe Ärger bei der Verladung: Der Lademeister sagt, das Weichgepäck muss runter, ich lasse es drauf. Mein Gepäck ist perfekt gesichert, ich weiß was ich tue, und es hat bisher jede Fahrt ohne Probleme überstanden. Doch in diesem Jahr haben sie mein Gepäck komplett abgebaut und auf den Bahnsteig gestellt. Die Bahn war im Recht, ich im Unrecht, aber es war entwürdigend, nachts auf dem Bahnsteig den ganzen Zug entlangtippeln zu müssen, um mein Gepäck zu retten.
Das macht ihr nicht noch einmal mit mir! Einen Streit mit Kunden kann man nicht gewinnen. Der Kunde verliert und du verlierst den Kunden. Deshalb war ich so gerne Polizistin, da war das nicht so. Fazit:
Ich war einmal der größte Fan, den der Autoreisezug je hatte, aber nun nicht mehr. Ruft wieder an, wenn ihr eine serviceorientierte Verladung habt, bessere Angebote, einen Flexi-Tarif, oder endlich geschlossene Autozugwaggons, wie sie in Finnland, oder im Optima-Express in die Türkei üblich sind. Dann sind Greeny, Pieps und ich gerne wieder an Bord. Solange vermissen wir euch.
Wie sind eure Erfahrungen?