Tief im Wald sein Zelt aufschlagen, am Ufer eines Sees, daneben die Enduro, Entrecôte am Lagerfeuer grillen, das ist Abenteuer und Romantik pur. Campingplätze dagegen sind für Spießer. Oder sind sie?
Wildcampen - Warum ich es liebe Das freie Zelten in der Natur, abseits ADAC getesteter Campingpätze ist wunderbar! Keine parzellierten Plätze, keine nervigen Nachbarn und keine Dauercamper, die den Platz als persönliches Territorium betrachten und ebenso verteidigen.
Solange dein Zelt im Wald steht, ist es dein Platz allein, und kein Typ, der aussieht wie ein Nachrichtensprecher in Trekkingsandalen soll es wagen, seine Marshmallows über dein Premium Entrecôte-Grillfeuer zu halten. Falls doch, steht was darüber morgen in der BILD.
Wildcampen ist umsonst. Man spart zwischen 10 und 30 Euro pro Nacht.
Allenfalls wirft man ein paar Münzen in die Honesty-Box, wenn es da ein Shelter und eine Feuerstelle gibt.
Die Übernachtung im Shelter wird immer beliebter. In Skandinavien, Dänemark und entlang des TET finden sich zahlreiche dieser halboffenen Unterschlüpfe. Manche sind kostenfrei, bei anderen hängt eine Honesty Box und einige muss man im Voraus buchen.
Vor allem das Merkmal Kost-nix dürfte für viele das ultimative Argument pro Wildcampen sein. Wer es abenteuerlich mag und keine hohen Ansprüche an die Customer Experience stellt, findet darin womöglich die beste Art zu übernachten.
Oh, ich liebe das Wildcampen...!
Warum ich Wildcampen hasse Weil es nicht halb so romantisch ist wie es klingt! Es ist schwierig, überhaupt einen geeigneten Platz zu finden. Er muss eben sein und so abgelegen, dass nicht dauernd ein Rentner mit Dackel oder ein Jogger mit Kopfhörer in dein Lager stolpern.
Außerdem sind die sanitären Einrichtungen im Wald eher unterwältigend.
Es gibt sogar Fachliteratur, die sich dieses Problems annimmt, aber die praxistauglichen Tipps zur Verrichtung des Geschäfts in freier Wildbahn sind dennoch nicht jedermanns Sache.
Wasser muss man selbst mitbringen, sonst bleiben Teller dreckig und Kaffee krümelig. Am Aursjøvegen habe ich aus dem Bach hinterm Zelt getrunken, weil ich an Wasser nicht gedacht hatte, aber wo sonst kann man das schon? Am Kamener Kreuz eher nicht.
Das Nervigste beim freien Zelten aber ist das Geziefer.
Es hat eine Zentillion mehr Mücken, Zecken und anderes Krabbelzeug als in der gemähten Wiese auf dem Campingplatz. Die Biester leben dort im hohen Gras, im Wald und am Wasser. Das ist ihre Hood. Die freuen sich einen zweiten Saugrüssel, wenn einer naiv genug ist, sein Zelt in ihrer Mitte aufzuschlagen.
Dann ist das Thema Sicherheit, genauer gesagt: Schiss und Sicherheit.
Allein im Wald zu schlafen, kann beängstigend sein.
Wer nachts im Zelt wach wird, weil er ein Geräusch gehört hat, weiß was gemeint ist. Ich denke an Lettland, als ich davon wach wurde, dass irgendetwas den Beutel mit meinem Stativ aus der Apsis gezerrt hat, oder an Island, als nachts eine Ziege ins Zelt kam, die sich bei mir angekuschelt hat.
"Die Nacht ist dunkel und voller Schrecken", sagt Melisandre, die rote Priesterin in Game of Thrones.
Ich hasse Wildcampen.
Campingplätze - Warum ich sie liebe Es ist herrlich, die Zeltheringe in einen gepflegten Rasen zu pieken. Der Platz ist eben, das Gras ist weich, Bäume bieten Schatten, und Hecken schützen vor Wind und neugierigen Blicken. Es gibt ein Waschhaus mit Warmwasser und Toiletten. Wer möchte, kann sich sogar einen Stromanschluss ins Zelt legen.
Sowie ich das Zelt aufgebaut habe, gehe ich mit Pieps auf eine Platzrunde. Auf dem Rückweg besorge ich im Campingshop gleich noch zwei kühle Flaschen Bier für mich und ein Körscheis für Pieps.
Am Abend werfe ich den Gaskocher an und atomisiere nach allen Regeln der Kunst ein fettes Entrecôte. Neben dem Zelt steht eine Picknickgarnitur, wo ich mich ausbreiten, essen und in Ruhe Tagebuch schreiben kann. Hinterher trage ich die fettige Pfanne in die Camperküche und bringe sie unter heißem Wasser wieder in Mint-Condition.
Am nächsten Morgen freue ich mich über den Brötchenservice im Camp. Danach gehe ich ins Waschhaus, mache mich frisch und male mir in Ruhe ein neues Gesicht. Hygieniker können sogar eine heiße Dusche nehmen. Anschließend ist man fit für einen weiteren Tag im Sattel seiner Enduro.
Ich liebe Campingplätze.
Warum ich Campingplätze hasse Es gibt das Klischee, wonach Campingplätze absolute Spießerhochburgen sind.
Doch warum hält sich dieses Vorurteil so hartnäckig?
Warum? Weil es häufiger wahr ist als nicht. Aber sowas von...
Was bedeutet "spießig" überhaupt? Ist es etwas Schlimmes?
Spießig ist das Gegenteil von abenteuerlich. Es ist geregelt, ordentlich und sauber, verfügt über Dusche, Handseife und Klobrille. Es soll alles wie zuhause sein, mit Kühlschrank, Fernseher und Satellitenschüssel.
Campen für Bausparer.
Schlimm ist es allerdings nicht. Jedenfalls nicht sehr. Es ist bloß ganz was anderes als das, was wir Weekend Warrior möchten. Pieps und ich wollen uns die Illusion der wilden Abenteurer erhalten, aber das geht nicht, wenn nebenan aus dem Wohnmobil von Ingeborg und Karl-Heinz Punkt 20 Uhr die Tagesschau zu hören ist.
Insbesondere ein hoher Anteil von Dauercampern verändert den Charakter eines Campingplatzes sehr zum Negativen.
Jägerzaun statt Abenteuer.
Campingplätze sind grässlich...!
Fazit
Beim Thema Wildcampen bin ich hin- und hergerissen.
Ob es Spaß macht, hängt sehr von den örtlichen Umständen ab.
Die zeitraubende Suche nach einem geeigneten Platz ist mir dabei besonders in Erinnerung.
Ich habe schon unglaublich schön frei gezeltet, so abenteuerlich und romantisch, wie man es sich vorstellt, aber ebenso auch beshicen gestanden, dreckig, nass und voller Mücken.
Inzwischen zelte ich lieber auf einem schönen Campingplatz. Wenn es nicht gerade eine Dauercamperfestung ist und sie auch liebevoll hergerichtete Plätze für Zeltcamper haben, gibt es kaum etwas Besseres.
Ein Traum ist das Vildmarkscamping Hätteboda in Urshult, Schweden. Im Grunde ein Campingplatz für Wildcamper. Man liebt ihn oder man hasst ihn. Ich finde es immer wieder klasse dort.
Ab und zu eine Nacht wild zu campen finde ich gut. Am nächsten Tag darf es gerne wieder ein Camp sein, komplett mit Waschhaus, Brötchenservice und Dauercampern...
Und ihr so?