Alte Traditionen

Pieps und ich fahren nach Schweden. Ich will endlich wieder zelten, Enduro fahren, Feuer machen und dem Wetter trotzen, kurzum, die alten Traditionen ehren. Unsere Ausrüstung ist top und die Africa Single das ideale Motorrad für die Reise ins schwedische Outback.

Es geht nach Dalarna, eine der 21 schwedischen Provinzen, vergleichbar mit unseren Bundesländern und etwa so groß wie Brandenburg, aber mit nur 9 Einwohnern/km². Bekannt sind Falun und Mora, der Siljansee und die bunten schwedischen Dalapferde, die von dort kommen.

Das Wichtigste aber ist das Netz aus 5.000 km Schotterpisten, die bloß darauf warten, dass wir mit der Honda Africa Single drüberheizen, drauf langschottern, endurowandern, Spaß haben und mächtig angeben.

Nirgendwo in Europa kann man freier endurowandern und zelten als in Schweden, nirgends ist mehr Platz, mehr Outdoor und mehr Freiheit. Die Natur ist sagenhaft, die Seen, die Wälder und die Tiere, selbst die Leute sind ganz freundlich. Dazu ist spätestens nördlich der großen Seen der Tourismus nahezu unsichtbar.

Da ist nur diese eine Sache, die man über Schweden wissen sollte: Das Wetter kann einem gehörig die Laune vermiesen. Beim letzten Mal waren wir vorher sogar zur Eheberatung, Schweden und ich, aber wie immer bin ich fest entschlossen, mir die Reise von Regen, Matsch und Wind nicht vermiesen zu lassen. Bis ich sie mir vermiesen lasse.

„Und was ist mit Mücken?“
„Baby, wir reisen so früh im Jahr, da sind die Moskitos noch gefroren und bis die auftauen, sind wir lange wieder weg.“

Zum ersten Mal nehmen Pieps und ich eine Angel mit, oder zumindest etwas, woraus man unterwegs eine Angel bauen kann. Enduro fahren, fischen, zelten, Feuer machen. Zu Hause im Ohrensessel finde ich das romantisch, abenteuerlich und schön. Wohl deshalb reise ich nur alle vier bis fünf Jahre nach Schweden, wenn ich das vorige Mal vergessen habe.

Dem Regen werden wir elegant ausweichen: Sollte es mieses Wetter geben, nehmen Pieps und ich eine gemütliche Hütte, wie man sie in Skandinavien auf jedem Campingplatz für wenig Geld mieten kann.

Es macht nämlich einen ziemlichen Unter­schied, ob man unter Absingen schmutziger Lieder ein Zelt aufstellt, während einem der Regen den Rücken runterperlt, oder ob man unter dem Vordach einer Hütte sein Regen­zeug abstreift und erhobenen Hauptes auf Socken ins trockene Wohnzimmer schreitet.

Wir starten in der vorletzten Maiwoche. Für Pieps und mich ist eine Kabine auf der Color Fantasy nach Oslo reserviert. Von dort sind es bloß noch 80 km bis zur schwedischen Grenze, die wir endurotypisch auf Schotter überqueren werden. Ab da nimmt die Reise Fahrt auf.

Gerade hab ich meinen Reisebericht aus 2019 noch einmal gelesen und festgestellt: Die Reise war klasse! Gerne würde ich für meinen YouTube Kanal filmen, aber das stört die gesamte Reise. Nein, das will ich nicht.
Die Technik nutze ich aber trotzdem: Für Standbilder aus der GoPro, die ich anders nicht bekäme.

Fazit: Ich freu mich wieder sehr auf Schweden, aber wenn sie mich diesmal wieder nassregnen, vollmatschen und kaputtstechen, dann war es endgültig das letzte, das allerletzte Mal, dass ich hingefahren bin. Ich schwör, wie ich schon 2019 geschworen habe:

Was habe ich nur mit Regen? Weichlappen ich!

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