Zelt oder Hotel?
Ich bin wohl der größte Fan, den Zelten jemals hatte. Endurowandern mit Zelt und Schlafsack lautet meine Devise. Doch nach zwei völlig verregneten Sommerreisen frage auch ich mich, ob es immer und ausschließlich Camping sein muss?
ZeltenIch liebe es noch immer, meinen Schlafsack auf die Enduro zu schnallen und mit dem tollen Gefühl loszufahren, dass ich abends irgendwo meine Isomatte ausrollen werde. Zelten ist abenteuerlich und total romantisch. Außerdem macht es Spaß und ist dazu noch mega billig.
Wenn ich aber den ganzen Tag im Regen gefahren bin, die Goretexklamotten bereits ebenso vollgesogen sind, wie meine Wechselhandschuhe und die Stiefel sich zunehmend moorig anfühlen, dann will ich nicht mehr zelten.
Natürlich kann ich auch bei Regen ein Zelt aufstellen und genieße im Nu die wohlige Wärme in meinem kuscheligen Daunenschlafsack, aber die Motorradsachen werden auch am nächsten Morgen noch nass, klamm und überhaupt ganz widerwärtig sein.
Meine Empfehlung lautet, nur dann zu zelten, wenn man halbwegs trocken aufbauen kann und nichts getrocknet werden muss. Falls es danach zu regnen beginnt, dann macht das nicht. Es ist total gemütlich, bei Regen im kuscheligen Schlafsack zu liegen, zu schlafen, zu lesen, oder das Reisetagebuch fortzuschreiben.
Auch das Abbrechen des Lagers bei Regen ist kein Problem. Im trockenen Zelt packe ich in Ruhe meine Tasche, ziehe die wasserdichten Motorradsachen an und baue dann in Windeseile das nasse Zelt ab und schnalle es zu guter Letzt außen auf die Gepäckrolle.
Mein Tipp: Auch wenn keine Campingtour geplant ist, sollte man ruhig das Zelt mitnehmen, sofern man die Bettensituation im Urlaubsland nicht genau einschätzen kann. Wenn ich im Sommer nach Schottland fahre, nehme ich das Zelt mit, obwohl ich Bed & Breakfast plane. Doch dann bin ich darauf angewiesen, jeden Tag rechtzeitig ein bezahlbares freies Bett zu finden. Und so habe ich zur Not noch Zelt und Schlafsack. Diese kleine Zusatzversicherung kostet mich nicht mehr, als sieben Kilogramm Gewicht und etwas Platz in der Gepäckrolle. Dafür verzichte ich sogar auf ein paar Pumps und Minikleider. :-)
Hotel, Pension und Landgasthof
Ich werde mich stets an den Moment erinnern, in dem ich beschloss, niemals wieder zu zelten. Es geschah in der Minute, als ich mich im Hotel Wolfsschlucht in Baden-Baden nach einem endlos langen Regentag in ein heißes Schaumbad mit Blubberbläschen sinken ließ.
Inzwischen habe ich längst zu mir zurückgefunden, aber dennoch mag ich es, mich abends hübsch aufzubrezeln und ohne die blöden Motorradsachen an einem schön gedeckten Tisch zu sitzen und richtig fett zu Abend zu essen. Hey, denke ich, nur weil ich mit der Enduro unterwegs bin, muss ich doch nicht shice aussehen, oder?!
Schlafen kann ich im Zelt ebenso gut, wie im Hotel, aber morgens mein eigenes Badzimmer zu haben und mich in Ruhe fertig machen zu können, das ist schon toll. In meinem ersten Leben als Mann hätte es mich nicht gestört, direkt aus dem Schlafsack in die Motorradsachen zu steigen, aber als Frau brauche ich morgens ein Bad, einen Spiegel und wenigstens etwas Wimpertusche.
Die Krönung für mich ist jedoch das Frühstück. Sich morgens im Hotel an einen gedeckten Frühstückstisch setzen zu dürfen mit heißem Kaffee und knusprigen Brötchen, das ist einfach das Allergrößte. Ich liebe es, eine volle Stunde beim Frühstück zu sitzen und soviel Speck und Eier in mich hineinzuschaufeln, wie ich nur kann. Dazu trinke ich eine ganze Kanne Kaffee und schreibe die letzten Ereignisse in mein Reisetagebuch.
Mein Geheimtipp sind Landgasthöfe. Vorzugsweise mit angeschlossenem Bauernhof, oder angeschlossener Schlachterei. Da ich niemals im Voraus buche, mache ich mich jeden Nachmittag erneut auf die Suche nach einem Bett für die Nacht. Dabei kommt es mir sehr entgegen, dass ich mit der Enduro meistens auf Nebenstrecken durch kleine Dörfer komme. Schon ein paarmal habe ich dabei echte Perlen unter den Landgasthöfen entdeckt, wo ich für 25 € ein nettes Zimmer für die Nacht und ein tolles Frühstück bekommen habe.
Manchmal ist es aber auch der reine Frust, bei Regen ein Hotel nach dem anderen abzuklappern: Besetzt, zu teuer, nicht für eine Nacht, weiterfahren. Jedesmal im strömenden Regen das Motorrad abstellen, Helm ab, die klitschnassen Goretexhandschuhe abreißen (wasserdicht, haha), mit glucksenden Stiefeln zur Rezeption watscheln und anschließend entäuscht weiterfahren. Warum stehen draußen bloß nie die Preise für die Zimmer dran?
Der Schnitzelindex
Doch wenigstens für das Problem der fehlenden Zimmerpreise habe ich eine Lösung entdeckt, nämlich den Schnitzelindex. An jedem Gasthof gibt es draußen so einen kleinen verglasten Schaukasten mit der Speisekarte, an den ich mit der Enduro direkt heranfahren kann und nicht einmal absteigen muss.
Ich sehe nach dem Preis für ein Wiener Schnitzel mit Pommes Frites und ahne ungefähr, was hier die Zimmer kosten.
Wenn der Schnitzelpreis über 11 € liegt, steige ich nicht einmal mehr ab, um nach dem Preis für eine Übernachtung zu fragen. Das Zimmer wird vermutlich um die 40 € aufwärts kosten und um das auszugeben, muss ich erst richtig verzweifelt sein.
Aus irgendwelchen Gründen scheint der Schnitzelpreis direkt an den Zimmerpreis gekoppelt zu sein. In Höxter habe ich zum Beispiel 5,90 € für ein umwerfend leckeres Schnitzel bezahlt und das Einzelimmer hat inklusive einem prima Frühstück 25 € pro Nacht gekostet.
Probiert es doch selbst einmal aus, der Schnitzelindex lügt nicht. :-)
Bed & Breakfast
B&B bedeutet ein Zimmer von privat mit Frühstück. Es findet kein Hotelbetrieb statt und es ist nicht vorgesehen, sich tagsüber im Zimmer aufzuhalten.
Viel mehr kann ich euch über B&B noch nicht sagen, weil ich zwar viel darüber gelesen habe, es aber noch nie ausprobiert habe. Wenn ich im Juli aus Schottland zurückkomme, werde ich dieses Kapitel überarbeiten und bin selbst schon gespannt, was ich dann zu schreiben weiß.
Hütten (Stuga, Stugor)
Wenn man in Skandinavien ein festes Dach über dem Kopf braucht, dann wird es teuer. Hotels sind dort für mich unerschwinglich und Bed & Breakfast wenig verbreitet. Sehr beliebt sind aber die einfachen Hütten, die in Schweden und Norwegen Stugor, bzw. Stuga genannt werden. Sie werden ohne Bettzeug vermietet, so dass man auf jeden Fall einen Schlafsack benötigt.
Es handelt sich meistens um einfache Holzhütten, die aber oftmals eine tolle Elektroheizung haben, auf der ich schon mehr als einmal über Nacht alle meine durchweichten Motorradsachen wieder trocken bekommen habe.
Die Hütten werden pro Übernachtung abgerechnet und kosten roundabout 50 € pro Tag. Dafür bieten sie in der Regel aber Platz für vier bis sechs Personen und sind damit ein tolles Angebot für mehrere Biker. Wenn man aber alleine eine Hütte mieten will, dann wird es teuer.
Jugendherbergen
Ich habe lange nicht mehr in einer Jugendherberge geschlafen, aber aus Skandinavien habe ich darüber nur Gutes gehört. Die Vandrehjemen in Schweden und Norwegen sind überwiegend besonders schön gelegen und sehr gut ausgestattet.
Der Nachteil liegt für mich darin, dass die einzelnen Herbergen sehr weit auseinander liegen und dass es in der Saison unsicher ist, ob man ohne Voranmeldung ein Zimmer bekommen wird. Da ich aber reise, ohne die Unterkünfte vorzubuchen, habe ich bisher von diesem Angebot keinen Gebrauch gemacht.
Es gibt aber ein sehr gutes Verzeichnis und Buchungssystem für Vandrehjemen in Schweden und Norwegen unter http://www.vandrehjem.org.