Honda GB350S
Neulich war ich bei HONDA und hab mir die brandneue GB350S angesehen. "Bloß mal draufsetzen". War doch klar, wohin das führen würde. Nun hat sie bereits die erste Inspektion hinter sich und ist fit für die große Frankreichreise.
Wie fährt sich das neue Motorrad?
„More Torque than Power“, beschreibt die Kraftentfaltung der Honda perfekt. Der Motor ist ein Stoiker, er hat Kraft von tief unten, aber er ist nicht spritzig. Überhaupt nicht. Wenn man sich darauf einstellt, macht es eine Menge Spaß, im tiefen Bass durch die Ortschaft zu grummeln und am Ortsende allmählich(!) auf Landstraßentempo zu beschleunigen.
Das Motorrad ist sehr einfach zu fahren und zu bedienen, völlig unaufgeregt, die Kupplung die leichtgängigste, die ich je gezogen habe, der Gasgriff der leichteste von allen.
Alles ist sehr bequem, passt und sitzt da, wo man es erwartet.
Das ideale Einsteigermotorrad. Ich kam auf Anhieb sehr gut zurecht.
Reicht die Leistung von 21 PS, 15,5 kW bei 5.500 U/min?
Für alles außer zum Überholen: Ja! Der Motor wirkt nie angestrengt und man hat ständig das Gefühl, er habe noch Reserven, als gäbe es bei 110 km/h noch weitere 50 obendrauf. Hat er aber nicht und gibt es nicht. Meine KLX250S 'Greeny' hat 22 PS und ist wesentlich spritziger, hat aber deutlich weniger Drehmoment.
Wie ist das Drehmoment?
„More Torque than Power“ Neben dem geilen Sound und dem extrem niedrigen Preis ist der Drehmomentverlauf das Highlight der GB350S. Die 29 Nm liegen schon bei 3.000 U/min an. Das ist erstklassig und fühlt sich auch so an.
Wie ist der Sitzkomfort?
Bequemer als Greeny und die Africa Single zusammen. Die Sitzbank ist gefühlt doppelt so breit wie Greenys. Sechs Stunden dänische Landstraße heute ohne Aua, wie ich das sonst kenne. Damit sind lange Etappen gut machbar. Daumen hoch. (checkbox value=checked)
Ist der Lenker ok, oder brauche ich eine Lenkererhöhung?
Der Lenker ist genau richtig. Er ist gekröpft wie ein Endurolenker und auch fast so breit. Eine Lenkererhöhung brauche ich nicht. Nur im Stehen muss ich mich tief beugen und habe das Gefühl, ich falle gleich vorne über. Tu ich aber nicht :-)
Welche Tagesetappen traue ich mir damit zu?
Beantworte ich, nachdem ich aus Frankreich zurück bin. Die lange Anreise von Kiel will ich diesmal bewältigen, wie es LKW-Fahrer tun: Mit konstanter Geschwindigkeit lange Etappen bequem aussitzen. Mal sehen, wie das funktioniert. Von meinen Dienstreisen mit schnellen Autos erinnere ich mich, manchen LKW zwei-, oder sogar dreimal überholt zu haben, dabei bin ich geheizt und der ist nur 90 km/h gefahren. Dafür hat Brummi nicht dauernd angehalten für Chicken Nuggets, Koffein und Keramik. Es wird nachberichtet …
Wie hoch ist der Verbrauch? Sind die angegebenen 2,5 Liter überhaupt realistisch?
Auf den ersten 509 Kilometern hat die Honda im Schnitt 2,9 l verbraucht. Damit ist der Motor übrigens offiziell eingefahren. Im Handbuch steht zum Einfahren lediglich: „Halten Sie den Motor auf den ersten 500 km noch zurück.“
Die Einfahrphase dauert also nicht die vollen 1.000 km bis zur ersten Inspekton. Das ist neu und war bei Greeny und der Africa Single anders. Auf der 250 km Heimfahrt bin ich Autobahn gefahren und hab die ganze Zeit Vollgas gegeben.
Welche Reichweite ergibt sich?
Bei km 500 begann der letzte von sechs Balken der Tankanzeige zu blinken. Dann sind noch 1,5 l im Tank. Mindestens 500 km Reichweite, vermutlich zwischen 550 und 600 km, weil offenbar mehr als die angegebenen 15 Liter in den Tank passen. Dafür ist das Volltanken ein wenig mühsam, weil der Sprit immer wieder in den Tiefen des Tanks verschwindet und man zigmal nachfüllen kann, aber eigentlich ja nicht soll.
Stimmen die Tankuhr und die Anzeige 'Range' für Restreichweite?
Ja. Die Tankuhr ist erstaunlich präzise, die Anzeige der Restreichweite ebenfalls.
Beide Daumen hoch!
Wie ist das Startverhalten? Kalt, warm? Orgeln wie Greeny oder Wrumm wie Hopsa?
Weder Orgeln noch Wrumm. Der Starter klingt bemüht, aber nach zwei Umdrehungen ist der Motor da, kalt wie warm.
Wie ist der Kaltlauf? Drehzahl, mechanische Geräusche?
Im Kaltlauf kurze Zeit leicht erhöhtes Standgas. Der warme Motor gibt ein beruhigendes guffel, guffel, guffel... von sich. Keinerlei mechanische Geräusche, nur der Auspuff.
Ist der Sound wirklich so geil wie auf YouTube gehört? Oder nervt er irgendwann?
Der Sound ist geil, macht süchtig, ein tiefer dunkler Bass, eher Fischkutter als Zwiebacksäge. Klingt in Natura leiser als mit dem Mikrofon eingefangen und verstärkt, wie ich es auf YouTube gehört habe. Nein, der nervt nicht. Im Stand bobbert sie leise vor sich hin, guffel, guffel und belästigt niemanden. Eines der absoluten Highlights der neuen Honda GB350S, meiner neuen GB350S! Yess!
(Value=checked)
Wie ist das Getriebe? Schaltet es geschmeidig? Lehrlaufsuche? 1.Gang mit Klack?
Hochschalten knochig hart, runter deutlich weicher, aber immer sehr präzise. Der Leerlauf lässt sich warm wie kalt leicht finden und einlegen. 1.Gang einlegen mit deutlichem Klack!
Gibt es unerwünschte Leerläufe zwischen den Gängen?
Nein. Bisher nicht aufgetreten.
Reichen 5 Gänge aus?
Ja! Wer hat eigentlich den 6. Gang erfunden und warum hat er das getan? Ich hoffe, dass das jemand aus dem DRZ-Forum liest, wo sie sich maßlos darüber aufregen, dass die neue Suzi DR-Z4s nur 5 Gänge hat.
Sind die Gangstufen klug gewählt?
Ich finde ja. Der Erste ist etwas lang übersetzt, aber die GB350 ist ja auch keine Enduro.
Wie ist die Übersetzung im fünften Gang?
Extrem, wirklich extrem lang übersetzt. Ein reiner Overdrive für Klimakleber in der Ebene ohne Gegenwind. Zum Reisen perfekt!
Was ist die Höchstgeschwindigkeit?
In den Fahrzeugpapieren sind 114 km/h als Höchstgeschwindigkeit eingetragen. Laut Tacho läuft sie 120 km/h, im vierten Gang schafft sie das sicher, im fünften nur mit ohne Gegenwind. Aber: Der Motor läuft dabei so ruhig, dass man ohne schlechtes Gewissen Vollgas fahren mag. Langhuber halt.
Welche Dauergeschwindigkeit ist angenehm?
110 km/h sind auf der Honda GB350S eine perfekte Reisegeschwindigkeit. Der Motor guffelt ruhig vor sich hin und wirkt dabei nicht angestrengt. In Verbindung mit der breiten Sitzbank und der bequemen Sitzposition dürften sich lange Strecken gut bewältigen lassen.
Wie ist der Wendekreis?
4,80 m. Das ist ein erfreulich enger Wendekreis, kommt man gut mit rum.
Wie gefällt mir der Tacho? Sicht, Bedienung, Information?
Klasse! Die analoge Nadel ist gut gedämpft und zeigt ruhig und präzise an. Abweichung zu GPS ca. +5km/h. Die Ablesbarkeit des kleinen Digitaldisplays rechts daneben ist ok. Kritik an der Bedienung: Mit dem SEL-button seitlich am Tacho lassen sich viele - zu viele - Daten der Reihe nach durchtasten. Der Knopf sitzt etwas ungünstig und es dauert, bis man wieder bei Wert 1 angekommen ist. Nicht schlimm, aber nervt.
Wie ist das Fahrwerk? Weich, hart? Schlaglöcher?
Unauffällig, und unauffällig ist gut. Es sinkt kaum ein, wenn ich mich draufsetze, ob mit oder ohne Gepäck. Ein Stoiker. Speed-Breaker auf der Fahrbahn kommen als trockene Stöße durch. Ist ok.
Wie ist die Originalbereifung Metzeler Tourance Next?
Fehlt mir die Erfahrung, weil ich nur Enduroreifen kenne, aber: Sie sind schlauchlos und könnte man daher unterwegs einfach selbst reparieren.
Wie ist die Lampenmaske, die ich mitbestellt habe?
Mir gefällt die Optik, sieht cool aus. Windschutz findet wohl kaum einer statt. Trotzdem: Ok!
Wie ist der USB Anschluss, den der Händler montiert hat?
Funktioniert auf beiden Ports, aber ich muss noch messen, ob er mit 2.000 mA lädt oder nur mit 1.000 mA und ob er das auf beiden zugleich kann. Ist wichtig für das Schnellladen beim Smartphone. Frage noch nicht abschließend beantwortet, Häkchen bleibt vorerst noch offen.
Wie ist Kette ölen mit Hauptständer?
Einerseits und andererseits: Sehr bequem, weil man das Hinterrad mit der Hand weiterdrehen kann, doch die Kette liegt so nah an der Schwinge, dass dazwischen kaum Platz für das Ölfläschchen zum zielgenauen Tropfen bleibt.
Wie ist der Gepäckträger von Hepco & Becker?
Tolle Fertigungsqualität. Er ist pulverbeschichtet und die Rohre sind angenehm dick. Das ist kein Blumendraht! Optisch fügt er sich prima in die Silhouette der Honda ein, aber es gibt dennoch zwei echte Kinken. Den einen hat Honda zu verantworten, den anderen H&B.
Honda: Das Rücklicht liegt unter der hinteren Kante der Sitzbank. Das sieht cool aus, aber weil der Gepäckträger hinten überragt, verdeckt jedes Gepäckstück das Rücklicht und das Bremslicht. Aus Mazda MX5 Perspektive ist es noch sichtbar, aber aus einem Van oder LKW hat das Motorrad kein Rücklicht mehr. Und kein Bremslicht …
Ich habe Hepco & Becker meine Gedanken weitergeleitet und folgende Antwort erhalten: "Hallo und vielen Dank für dein offenes Feedback!
Gerne geben wir es an die Entwicklung weiter, sodass evtl. künftig noch eine Querstrebe zum Sattel hin ihren Platz findet." So beantwortet man Kritik auf professionelle Weise. Klasse! Daumen hoch, Leute!
Ist das Motorrad groß genug für mich? (80 cm Honda vs. 183 cm Svenja)
Ja. Das Motorrad passt mir gut und der Kniewinkel stimmt auch. Ich sitze leicht vornüber gebeugt und sehr bequem.
Checkbox html value=checked. Könnt ihr so oft deaktivieren, wie ihr lustig seid: Das Häckchen kommt immer wieder. *guckt äußerst selbstzufrieden*
Passt der Tankrucksack? Hupt es am Lenkanschlag?
Der große Tankrucksack passt und braucht wegen des Stahltanks keine seitlichen Gurte. Die Magnete halten bombig. Aber es hupt bei jedem vollen Lenkeinschlag links.
Ist die Gasgriffhilfe von LOUIS hilfreich?
Nicht probiert, weil der Gasgriff der Honda so wenig Widerstand bietet und sich extrem leicht drehen und halten lässt. Wunderbar!
Wie war die erste Reise mit einer Straßenmaschine?
So muss sich ein Dressurreiter auf einem Esel fühlen, oder umgekehrt. Obwohl das Reiten ähnlich ist, fühlt es sich irgendwie falsch an. Nicht schön. Das liegt nicht etwa an der Honda, sondern allein an mir. Mir fehlt das Adventure-Feeling, das ich auf einer Enduro sogar dann habe, wenn ich auf der Autobahn fahre. Versteht man nicht, ist aber so. Ich bin wohl doch ein Endurogirl, Svendura eben.
Kann ich mich damit abfinden, nicht auf einer Enduro zu reisen?
Noch bin ich nicht sicher, aber ich glaube nicht.
Wie sehr habe ich "Enduro" vermisst?
Sehr. Nicht das Offroadfahren, sondern das Gefühl auf einer Enduro zu sitzen. Wenn ich aus Frankreich zurück bin und 4.000 km mehr Erfahrung habe, berichte ich nach.
Welche meiner Reisen hätte ich mit der GB350 nicht bewältigen können?
Die GB hat 168 mm Bodenfreiheit, es gibt derbe Reifen und einen Unterfahrschutz. Damit hätte ich außer Island wohl jede meiner Reisen fahren können. Das Motorrad hätte jedoch sehr darunter gelitten.
Was enttäuscht mich und wie sehr tut es das?
Ein tolles Motorrad, an dem ich nichts auzusetzen habe. Die ruhige, langsame Kraft mag ich, die geringe Leistung stört mich nicht, doch was mir fehlt ist Pride of Ownership.
Kennt ihr das, wenn man sein Motorrad abstellt, ein paar Schritte weggeht und sich dann noch einmal umdreht, kurz stehenbleibt und voller Stolz zurückblickt? Pride of Ownership!
Die fehlt mir noch für meine GB350S.
Vielleicht wächst das Gefühl erst, wenn ich mit der GB viele Tage in Frankreich unterwegs war, das Zelt zwanzigmal auf- und abgeschnallt habe und sie täglich bewundern konnte.
Für Greeny sind Stolz und Bewunderung selbst nach 14 Jahren noch vorhanden.
Insgeheim hoffe ich und wünsche es mir sehr, dass sich die GB350 als ideales Motorrad für die ruhigen französischen Departementstraßen erweist und ich damit immer wieder gerne nach Frankreich reisen werde. Im Grunde ist sie ein perfektes Motorrad für lange Touren. Nach vier Wochen und 4.000 km werde ich es hoffentlich wissen.
Um die Kilometer bis zur Inspektion nicht bloß sinnentleert durch die Gegend zu gondeln, sind Pieps und ich 900 km durch Dänemark gefahren und haben Neues ausprobiert:
Die erste Reise ohne Zelt. Wir übernachten in einem Danhostel.
Danhostel Haderslev. Voll ausgebucht, aber ich hatte uns rechtzeitig ein Zimmer reserviert. In der Gemeinschaftsküche ein Kühlschrank mit Bier und daneben eine Auswahl von Weinflaschen. Eine Preisliste hängt daneben, aber kein Hinweis, wie das mit dem Bezahlen funktioniert. Ich frag mal im Haupthaus an der Rezeption.
„Hallo. Wenn ich mir ein Bier nehmen möchte, wie bezahle ich das dann?“
„Ja, dann nimmst du dir ein Bier und genießt das in Ruhe. Und morgen früh kommst du her und kannst das hier bezahlen.“
Stellt euch das mal in unserer Draußen-nur-Kännchen-Mentalität vor.
Die nächsten Nächte hatten Pieps und ich eine Hütte am Ringkøbing Fjord und haben von dort Tagestouren gemacht.
Die erste Reise mit einem Laptop. Ich poste abends aus Hütte oder Hostel.
Macht Spaß, aber frisst irre viel Zeit und ich mache letztlich dasselbe wie Zuhause: Ich sitze am Rechner, jongliere mit Speicherkarten und Dateien, bearbeitet Bilder, arbeite in html und schreibe Text. Das macht im Winter zuhause am Rechner mehr Spaß als auf Reisen. Im Zelt wäre es sogar völlig undenkbar. Die bekannten YouTuber verwenden unterwegs Jokertage, an denen sie Material schneiden und posten und vermutlich kaum aus dem Zimmer kommen.
Fazit: Laptop auf Reisen wird eine einmalige Aktion bleiben, zumal ich auch noch aufpassen muss, dass mein schönes MacBook in der Gepäckrolle kein zweites Bendgate erleidet.
Die erste Reise mit unserem neuen fliegenden Selfie-Stick.
(Verantwortlich: Pieps Kühnke)
Die DJI NEO hab ich ausdrücklich nicht als Drohne, sondern als fliegenden Selfie-Stick gekauft, als schwebendes Stativ. Bisher habe ich ein Stativ mit GoPro am Straßenrand aufgestellt, RECORD gedrückt und bin zweimal durchs Bild gefahren. Furchtbar umständlich, x-mal auf- und absteigen, nervig und langwierig, dazu immer dieselbe Perspektive.
Dazu kommt noch ein anderes Argument: Mit 199 EUR ist die NEO nicht so furchtbar teuer, dass man sich dafür in Lebensgefahr begeben würde, wenn sie irgendwo in der Wand hängt, oder das Leben versaut ist, falls sie im Bach landet. Ein Reisestativ von Manfrotto kostet etwa das Gleiche und kann nicht mal fliegen.
Weiteres zur Honda GB350S
a) Der erste Eindruck
b) Betriebskosten und Wartungsbuch
zurück nach oben
