Die Reise beginnt
Sonntagfrüh auf der Autobahn von Kiel nach Hamburg. Pieps und ich sind auf dem Weg nach Frankreich. Unser Ziel liegt in den Cevennen, genauer gesagt in Okzitanien. Wir wollen durch die Felsschlucht Gorges du Tarn fahren und am Ufer des Flusses zelten.
Zum ersten Mal reisen wir nicht im Autozug, sondern fahren wieder selbst. Der Ärger bei der Verladung im letzten Jahr hat den Ausschlag gegeben. Ich will testen, wie quälend die Fahrt mit der Honda Africa Single von Kiel nach Frankreich tatsächlich ist. Werden wir danach reumütig zum Autozug zurückkehren, oder sehen die uns nie wieder?
Der Autoreisezug ab Hamburg fährt bis Lörrach kurz vor der französischen Grenze. Das sind etwa 920 km, doch soweit müssen wir gar nicht. Unser Frankreich liegt bloß 800 km entfernt, aufgeteilt in drei Tage auf der Straße und zwei Nächte im Zelt. Heute wollen wir bis nach Bad Pyrmont.
Nach 120 km Autobahn sind wir unter der Elbe durch und auch die Kräne des Hamburger Hafens sind aus den Rückspiegeln verschwunden. Das war genug Autobahn für heute. Ich setze den Blinker und fahre runter auf die B3.
Und jetzt? Ist es überhaupt eine gültige Urlaubsreise, wenn man am Montag danach nicht wieder zum Dienst muss, im Sinne von: Nie wieder? Keine Ahnung, dies ist mein erster Ruhestand.
Vor uns taucht die Weserbrücke Hessisch Oldendorf auf. Jetzt sind es nur noch etwa 30 km bis Bad Pyrmont. Unser Camp für die erste Nacht ist der Campingpark Schellental.
Schon in der Zufahrt zum Camp warten zwei Wohnwagengespanne und ein Wohnmobil mit einem übergroßen Elch-Aufkleber am Heck. Ich tuckere elegant an der weißen Schrankwand vorbei und halte vor der Rezeption. Geschlossen, die öffnet erst wieder um 17 Uhr.
Ein Camper erklärt mir hilfsbereit, wie die Platzwahl im Camp funktioniert: „Die Plätze, wo kein Schild RESERVIERT hängt, da darf man sich einfach hinstellen und muss dann später einchecken.“
„Und der große Platz da vorne, wo das Schild so halb abgerissen ist?“, frage ich und zeige auf die Parzelle C12.
„Da war vorhin einer, der hatte den extra reserviert, aber der ist gleich wieder weggefahren. Durch die Bäume ist da kein Fernsehempfang.“
Fernsehempfang ist uns egal. Wir haben überall besten Bücherempfang. Ich mit dem Kindle und Pieps mit einem neuen Pixi-Buch, das sie von ihrer Tante Silvia zum Geburtstag bekommen hat, „Jim Knopf hat Geburtstag".
Zehn Minuten später steht unser Zelt auf C12. Die Parzelle ist nicht sonderlich schön, aber sie ist nahe am Waschhaus und nahe an der Ausfahrt. Wir wollen hier nur kurz schlafen und morgen früh gleich weiterfahren.
„Moin, moin“, sagt er.
Das Doppelmoin sagen wir nur in der Fremde, wenn wir Angst haben, dass unser gebelltes einfaches Moin! als unhöflich empfunden werden könnte.
„Moin!“, belle ich zurück. Jetzt weiß er, dass ich auch aus dem Norden bin.
Das Abendessen für heute hab ich von zuhause mitgebracht. Pieps hat sich Bratwurst gewünscht. Ich atomisiere die Würste bis zu dem Punkt, an dem Claudia stets missbilligend sagt: „Kratz wenigstens das Schwarze ab.“ Mach ich aber nicht.
Meine beiden Würste schmecken, wie Wurst aus der SB-Verpackung eben schmeckt, aber morgen ist Montag, da besorg ich uns was Richtiges, dann gibts wieder Schneidefleisch.
Mit dem Sonnenuntergang endet der Tag. Das ist auch eines der Dinge, die ich am Zelten so mag. Wir wandern hinüber ins Waschhaus, putzen unsere Zähne und verschwinden kurz darauf im Zelt.
Wir wollen lesen und ihr müsst jetzt leider nach Hause gehen.
„Gute Nacht, Welt. Bis morgen früh.“
zum nächsten Tag...
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