Inhaltsverzeichnis
Deutschland
Tag 1: Kiel - Havelberg
Tag 2: Havelberg - Bad Schandau
Tschechien
Tag 3: Bad Schandau - Ostas
Tag 4: Ostas - Kemp Bozenov
Tag 5: Bozenov - Reingers
Österreich
Tag 6: Reingers - Zwiesel
Deutschland
Tag 7: Zwiesel - Halle
Tag 8: Halle - Lanzer See
Tag 9: Heimkehr und Fazit
Motorradreise Tschechien
Platzhalter Motorradtour Tschechien
Platzhalter Famila Einkauf
Platzhalter SHELL V-Power
Platzhalter Camping Havelberg Preis
Platzhalter Camping Havelberg Spülinsel
Platzhalter Reisekasse Motorradtour
Platzhalter


Reise nach Tschechien

Heute morgen starte ich zu einer Reise in ein unbekanntes Land. Sicher, ich habe schon gehört von Tschechien, weiß aber nicht mehr, als dass es existiert. Mir war kaum bewusst, dass wir eine gemein­same Grenze haben, die nur 580 km von Kiel entfernt liegt.

Svenja KLX250 Kiel

Es ist unglaublich spannend, ein fremdes Land zum ersten Mal zu besuchen, die Landschaft, die Menschen, das Essen, die Straßen, alles ist neu. Wie sind Tschechen so? Sind die nett, so wie die Iren? Knurrig wie die Waliser? Oder eher kühl und distanziert wie die Norweger?

Es ist ein warmer Spätsommertag, der vorletzte im August, als ich in Kiel starte. Das Motorrad ist vollgetankt und blitzt in der Sonne, das Gepäck ähnlich wie auf der Norwegenreise, nur dass ich statt der Merino­wäsche ein Sommerkleid eingepackt habe.

Doch eine Sache ist völlig neu: Zum ersten Mal habe ich ein Navigationsgerät dabei, ein Garmin Oregon 450, das ich mir für diese Reise gekauft habe, denn viele der Wege, die ich im Internet gefunden habe, sind auf der Landkarte Tschechiens nicht verzeichnet.

Wie wird das Navi meine Art zu reisen beeinflussen? Wird mein Vorurteil bestätigt, wonach man blind alles findet, ohne jemals zu wissen, wo man ist, als führe man einem unsicht­baren Guide mit Warnweste hinterher? Oder ist es ein echter Mehrwert und seine 500 g mit Akkus und Ladegerät wert? Ich bin skeptisch, aber auf dieser Reise will ich es herausfinden.

Kurz vor Mittag erreiche ich Lauenburg, eine Kleinstadt an der Elbe, die noch vor wenigen Wochen vom Elbehochwasser überflutet war. Inzwischen ist davon nichts mehr zu sehen.

Ich stelle die Enduro vor dem großen Famila-Markt ab und gehe einkaufen. Es sind zwar noch gute vier Stunden bis zum Campingplatz, aber ich mag es, wenn ich das Abendessen schon im Tankrucksack habe und mich später nicht mehr darum zu kümmern brauche.

Heute morgen war ich so aufgregt, dass ich ohne Frühstück losgefahren bin, dafür habe ich jetzt regelrechten Heißhunger. Mit geübtem Blick taxiere ich die Entrecotes in der Auslage. Die großen gelben Fettaugen sehen mich verführerisch an.

Fleischabteilung Famila

"Zwei von denen bitte."
Die Digitalanzeige der Waage bleibt bei 0,647 kg stehen.
"Sonst noch was?"
"Nein, danke, das ist alles," gebe ich pikiert zurück. Wofür hält die mich?

Auf dem Weg zur Kasse sammele ich noch eine Packung Kräuterbutter, zwei Miniflaschen Wein, drei Duplo und eine Selters ein. Und es ist doch klug, hungrig einkaufen zu gehen, denke ich, während ich den Einkauf im Tankrucksack verstaue.

Neben dem Eingang steht ein Imbisswagen, Björns Brutzelbude. Ein magerer Typ ist mit Begeisterung dabei, Frikadellen zu braten, die er gerade frisch gemacht hat. Ich kann dem Duft der gebratenen Zwiebeln nicht widerstehen und bestelle zwei Frikadellen mit Senf.

"Das dauert aber noch ein bisschen, die sind noch nicht ganz fertig."
"Das macht nichts, ich hab Zeit."
"Willst du 'n Kaffee trinken? Geht aufs Haus."
"Oh ja, gerne. Schwarz bitte."
"I like my coffee like my women, black and hot," lacht er mich an. Ich fühle mich geschmeichelt und schenke ihm ein strahlendes 500 W Lächeln. Ein netter Typ, denke ich.

Auf der B5 fahre ich weiter an der Elbe entlang bis nach Boizenburg, wo ich auf die B195 nach Südosten abbiege. Die Straße verläuft schnurgerade und auf weiten Strecken fahre ich durch einen Tunnel aus Bäumen. Es sind so wenige Autos unterwegs, dass ich mitten auf der Straße anhalten und ungestört ein Foto der Allee machen kann.

Allee in Mecklenburg Landstraße

Die Elbauen sind im Grund eher langweilig, aber ich bin so sehr in Urlaubsstimmung, so neugierig und offen für alles Neue, dass ich jede kleinste Kleinigkeit in mich aufnehme. Dem ersten Tag einer Reise wohnt immer ein ganz besonderer Zauber inne.

Neuhaus Elbauen

In Tripkau, einem kleinen Ort im Amt Neuhaus, fahre ich an einer alten Kirche vorbei, die in so makellosem Zustand ist, dass ich sie zuerst für einen Neubau halte, aber das ist sie nicht, sondern sie wurde erst vor wenigen Jahren perfekt restauriert.

Kirche St. Mariä in Tripkau

Auf den letzten Kilometern sind mir zwei Störche und vier Lada Niva begegnet und ich brauche nicht auf die zu Karte sehen, um zu wissen, dass ich im Ostdeutschland bin.

Kurz nach Mittag erreiche ich Dömitz, einen kleinen Ort in Mecklenburg. Die Dorfstraße aus Kopfsteinpflaster führt mitten durch den Ort, alte Häuser stehen dicht gepresst, einige schick restauriert, andere in verschiedenen Stadien des Verfalls.

Dorfstraße Dömitz

Staunend fahre ich an der Häuserzeile entlang und entdecke ein altes, verlassenes Kino. Ehem. Lichtspiele steht an der Fassade, von der sich schon die Kacheln lösen. Im Fenster hängt ein vergilbtes Portrait von Jean-Paul Belmondo und daneben das einer schönen Frau. Claudie meint später, Ruth Leuwerik darauf zu erkennen.

Kinos hießen früher Lichtspielhäuser und später recherchiere ich, dass dieses 1915 eröffnet wurde und 1990, kurz nach der Wende, zugemacht hat. Es rührt mich an, dass es noch immer so da steht und niemand sich die Mühe gemacht hat, etwas mit dem alten Haus anzu­fangen.

ehemalige Lichtspiele Dömitz Kino

Mir wird bewusst, wie wenig ich die neuen Bundesländer kenne und dass ich in den 25 Jahren seit der Wieder­vereinigung nur ein paar Kilometer mit dem Motorrad hindurch gefahren bin.

Elbe-Seitenkanal Dömitz

Am Hafen von Dömitz lasse ich die Enduro auf den Fußweg an der Elde rollen und steige ab. Die Elde mündet hier in die Elbe. Ich nehme die Wasserflasche aus dem Gepäck, trinke ein paar Schlucke und bewundere die Aussicht.

Festung Dömitz

Als ich kurz danach aus dem Ort hinausfahre, sehe ich ein Verteilerhäuschen, das hübsch bemalt ist. Das Bild zeigt eine Festung, sagt mir ansonsten aber nichts und so fahre ich achtlos weiter, ohne die berühmte Festung Dömitz zu besichtigen. Für mich war sie nur ein Bild auf einem Verteilerkasten.

Breetz

Die B195 folgt dem Lauf der Elbe und ich weiche immer wieder auf Nebenstraßen aus. Auf der L137 fahre ich durch Breetz, ein Bauerndorf, das noch so ursprünglich aussieht, wie viele Dörfer in Schleswig-Holstein auch, bevor sie für den modernen Tourismus hübsch gemacht wurden.

Kilometerstein

Es gibt so viele hübsche Fotomotive, dass ich immer wieder anhalte, um mir etwas genauer anzusehen, wie einen hundert Jahre alten Kilometerstein, der liebevoll von Hand bemalt ist.

Svenja Svendura Kühnke

Hinter einem Kiefernwäldchen biege ich in einen Feldweg ein und halte an. Der Boden ist sandig und nur von einer dünnen Erdschicht bedeckt. Später erfahre ich, dass die Gegend früher auch Die Märkische Streusandbüchse genannt wurde.

Der feine Sand der märkischen Heide diente zum Ablöschen nasser Tinte auf Papier, aber vor allem war es eine abfällige Bezeichung, weil die sandigen Böden nicht sehr fruchtbar waren.

Landstraße Allee

Unter der Endurojacke trage ich nur ein T-Shirt, aber mir ist trotzdem heiß. Umso angenehmer ist der kühle Schatten der Alleen.

Wunderblutkirche Wilsnack

Schon von weitem fällt mir die riesige Kirche von Bad Wilsnack auf, die Wunderblutkirche. Von beiden habe ich noch nie gehört, weder von der Kirche, noch von dem kleinen Ort, aber die Kirche ist so imposant, dass ich anhalte und ein Foto mache.

Auf einem Kilometerstein lese ich, dass es jetzt noch acht Kilometer sind bis nach Havelberg. Dort gibt es einen Campingplatz, der auf einer Insel in der Havel liegt.

Der alte Stein strahlt den Charme vergangener Zeiten aus, als Wegweiser und Schilder noch von Hand gemalt waren und Landstraßen Chausseen genannt wurden.

Kilometerstein

Beinahe hätte ich vergessen, dass ich mein neues Navi ausprobieren will. Ich krame es aus der Tiefe des Tankrucksacks hervor und lege es nach oben ins Kartenfach. Eingeschaltet hatte ich es schon in Kiel, damit es die gefahrene Route aufzeichnet.

Auf schmalen Wirtschaftswegen führt das Garmin mich zwischen Wiesen und Auen hindurch nach Havelberg, aber kurz hinter dem Ortseingang ist die Straße voll gesperrt. Die ganze Fahrbahn ist aufgerissen und Teile der Innenstadt sind eine große Baustelle. Ich wende und versuche, die Baustelle zu umfahren, aber auch die Nebenstraßen sind gesperrt.

Nein, von sowas kann ich mich jetzt nicht aufhalten lassen. Entschlossen fahre ich an dem Durchfahrt Verboten Schild vorbei in die Baustelle hinein. Der Untergrund ist sandig und alle paar Meter ragen Gullis wie Termitenhügel in die Höhe.

Einige Anwohner sitzen vor ihren Häusern in der Sonne und schütteln die Köpfe und auch die Bauarbeiter sehen not amused aus, aber ich darf mich nicht aufhalten lassen, ich bin auf einer Mission, ich habe Urlaub!

Zweihundert Meter weiter endet mein Par­force­ritt an einer tiefen Baugrube vor einem Bagger. Hier geht es nicht weiter. Jetzt bloß nicht erwischen lassen. Ich wende die leichte Enduro mit einem Slide und fahre in meiner Spur zurück. Etwas reumütig düse ich an den Kopfschüttlern vorbei wieder zurück. Wo ist dieser blöde Campingplatz?

Havelberg

Da vorne auf dem Fußweg gehen drei junge Männer, die frag ich mal. Ich halte mit dem Motorrad neben ihnen am Kantstein und stelle den Motor ab.

"Hallo, könnt ihr mir vielleicht sagen, wie ich zum Campingplatz Spülinsel komme?"
"Ja, da fahren Sie hier zurück, dann an der Ampel geradeaus und die nächste links über die Brücke. Dann sehen Sie es schon."
"Danke schön, das finde ich. Tschüss."
Der hat mich tatsächlich gesiezt. Ich seh sogar unterm Helm alt aus. Hmpff...

Keine fünf Minuten später rolle ich über eine schmale Brücke hinüber auf die Spülinsel. Ein Weg führt am Ufer entlang bis zur Einfahrt des Camps, wo eine rotweiße Schranke die Zufahrt versperrt. Ich lasse das Motorrad stehen und gehe hinüber in die Rezeption.

Die Rezeption ist Anmeldung, kleiner Laden, Imbiss und Bierkneipe zugleich. Eine sehr hübsche junge Frau zeigt gerade einem älteren Pärchen, wo sie ihr Wohnmobil abstellen dürfen und wo die Stromanschlüsse sind.

Eigenartig, wie ich die Beiden als "älteres Pärchen" wahrnehme, dabei sind sie vermutlich nur zehn Jahre älter als ich. Und dann diese "junge Frau", die ist sicher schon Mitte dreißig. Wie sich die Perspektive verändert, denke ich, und habe manchmal das Gefühl, mir läuft die Zeit davon, aber noch bin ich jung und kann alles machen.

Gedankenverloren sehe ich mir die Postkarten an und merke zuerst gar nicht, dass ich schon dran bin. Ich bezahle elf Euro und bekomme eine Gästekarte, auf die es bei einigen Restaurants in Havelberg Prozente gibt, aber das interessiert mich nicht, denn ich habe die guten Block House Steaks im Gepäck.

Die automatische Schranke geht hoch und ich rolle langsam auf den Platz. Die Grasnarbe ist dünn und an vielen Stellen scheint der staubige Erdboden durch. Diese Zeltwiese ist erledigt, typisch für Ende August, wenn die Hochsaison zu Ende geht.

Ich suche mir die beste Stelle aus und mache mich daran, das Lager aufzustellen. Das Zelt steht mit wenigen Handgriffen, ich bin noch gut in Übung von Norwegen, aber die Hitze macht mir zu schaffen, die Motorradhose klebt an den Beinen und das Funktionsshirt fühlt sich nur wenig besser an. Ich muss endlich diese Klamotten loswerden.

Sowie das Zelt steht, verschwinde ich darin und mache den Reißverschluss hinter mir zu, ich will mich umziehen. Ich hab Mühe, die Motorradhose auszuziehen, ich krieg sie einfach nicht über meine Wanderwaden, das feuchte Innenfutter klebt daran fest, aber schließlich drehe ich die ganze Hose auf links und bin frei.

Gestern abend habe ich in einer plötzlichen Eingebung noch ein dünnes Trägertop einge­packt, kaum mehr als ein Fummel mit Ausschnitt, aber bei dieser Hitze perfekt, Leggings dazu und fertig. Es sind mindestens 30° und hier im Zelt sind es ungefähr hundert.

Ich schlüpfe in meine Ballerinas, nehme etwas Geld, den Fotoapparat und gehe mit Pieps zur Rezeption, die auch eine Kneipe ist. Auf der Terrasse davor stehen Tische und Stühle, an denen die Leute in der Sonne sitzen, Bier oder Cola trinken und Eis essen.

Am Tresen bestelle ich ein Bier vom Fass. Hasseröder steht auf dem Zapfhahn und ich zahle nur 1,60 Euro für das 0,3 l Glas. Mir kommt das extrem günstig vor. Ich trage das Bier nach draußen zu einer Bank im Schatten und setze mich. Jetzt muss ich erstmal richtig ankommen hier in Havelberg.

Svenja im Biergarten

Das Glas ist so kalt, dass die Tropfen außen herunterlaufen, wie man es in der Bierwerbung im Kino sieht. Meine Güte, ist das lecker, ist das ein schöner Tag, ist mir warm, geht es mir gut. Das war der schönste erste Anreisetag von allen. (Schiffspassagen sind außer Konkurrenz)

Ich bin noch immer satt von den Frikadellen aus Björns Brutzelstube und um den Appetit anzuregen, hole ich mir ein zweites Bier. Diesmal setze ich mich damit zu den anderen Menschen vor die Rezeption. Während ich die Sonne und das kalte Bier genieße, lausche ich mit halb geschlossenen Augen den Gesprächen um mich herum. Es geht um Musikkapellen und um Blasmusik, viele der Umsitzenden spielen in einer der Kapellen.

An diesem Wochenende findet das 20. Havelberger Blasmusikfest statt und jetzt wird mir klar, weshalb der Campingplatz ausgebucht ist und ich ohne Anmeldung beinahe keinen Platz mehr bekommen hätte.

Am Boden des zweiten Biers bringe ich das Glas zurück an den Tresen. Mal sehen, ob ich hier morgen einen Kaffee bekomme, oder sogar ein Frühstück.

"Frühstück gibts hier morgens nicht, oder?", frage ich die Bedienung.
"Doch. Was wollnse'n haben?", gibt sie freundlich zurück.
"Kaffee, zwei Brötchen, ein gekochtes Ei und eine Wurstplatte, das wäre schön."
"Machen wir. Halb neun ist fertig, ok?"
"Ja, prima. Danke schön. Bis morgen."

Na prima, das wäre geregelt. Bevor ich zurück zum Zelt gehe, möchte ich mir noch die Insel näher ansehen, auf der der Campingplatz liegt. Ich spaziere durch die Zufahrt hinunter zum Uferweg und wandere am Wasser entlang. Eine Fußgängerbrücke führt von der Spülinsel hinüber in die Altstadt.

Havelberg

Die roten Ziegelmauern leuchten warm in der Abendsonne, aber nach einem Stadtbummel ist mir nicht. Dafür bin ich nicht angezogen. Ich mache ein paar Fotos und gehe zurück zum Zelt. Allmählich sollte ich die Entrecotes erlösen, denn ich weiß nicht, wie gut ihnen die Hitze bekommt.

Jetzt werde ich mich ums Abendessen kümmern. Ich ziehe die Isomatte nach draußen und setze mich mit meiner Küche vors Zelt. Das Fleisch sieht erstklassig aus. Für die achtzehn Euro, die ich bei Famila bezahlt habe, hätte ich auch ins Steakhaus gehen können, aber da wird ein Mädchen nicht satt, das kenne ich schon.

Campinginsel Havelberg Svenja Motorrad

Ich drehe den Gaskocher auf die höchste Stufe und lege die beiden Entrecotes ins siedende Fett, sie passen gerade zusammen in die Pfanne. Das sind so ziemlich die besten Steaks außerhalb von Schottland, denke ich, als ich das erste Stück probiere, nur das Scottish Angus Beef war noch einmal deutlich besser.

Entrecotes Pieps

Auf dieser Reise werde ich mich zum ersten Mal weitgehend vegetarisch ernähren, nicht gleich vollständig, aber ich werde meinen Fleischkonsum schrittweise auf 500 g pro Mahlzeit reduzieren. Man muss sich nämlich nicht immer so vollstopfen, gerade abends nicht, und für einen Moment bin ich ganz hingerissen von meinem neuen ökologischen Bewusstsein.

Morgen fahre ich bis an die Grenze und übermorgen bin ich dann in Tschechien, dem unbekannten Land. Ich bin gespannt, was es da zu essen gibt. Gute Nacht, Welt.

Pieps und ich schlummern selig in unserem Schlafsack und träumen von neuen Abenteuern, als ich plötzlich aus dem Schlaf hochschrecke: Die Russen kommen!

Laute Technomusik und die gröhligen Stimmen einer Gruppe Halbstarker haben mich geweckt, beides ganz dicht am Zelt.

Oh no! Das ist die Gruppe Radfahrer nebenan, fünf oder sechs Typen in drei Zelten, die deutlich angesoffen sind und ungefähr zwanzig Meter neben uns campen. Ich sehe auf die Uhr, kurz nach zehn. Bestimmt kommt gleich der Platzwart, oder einige von den Männern, die mit ihren Familien hier campen, gehen rüber und sagen was.

Unruhig drehe ich mich hin und her und versuche den Krach zu ignorieren. Die Kirchturmuhr in Havelberg schlägt zwölf Mal, Mitternacht. Noch immer dröhnen die irren Läufe lauter Techno­musik über den Platz. Ich hasse Techno. Wieso sagt keiner was?

Campingplatz Nachtaufnahme

Die Turmuhr schlägt erneut, ein einzelner Schlag, es ist halb eins. Jetzt reichts! Wutentbrannt klettere ich aus dem Schlafsack, schlüpfe in die Ballerinas und gehe in meinem kurzen Nachthemd nach nebenan.

Im Dunkeln sitzt eine Gruppe Jugendlicher auf dem Boden zwischen ihren Zelten, trinken, hören Musik und sind zu laut. Im Schein der einzelnen Straßenlaterne sind sie nur schemen­haft zu erkennen.

"Hallo?! Könnt ihr jetzt mal 'n bisschen leiser sein? Ich will schlafen."
"Mach doch!", kommt eine Stimme aus dem Dunkel und die Musik wird lauter gestellt.
"Jetzt gebt mal allmählich Ruhe, die Leute wollen schlafen."
"Wir machen gleich Schluss", lenkt eine andere Stimme ein.

Ich wende mich ab und gehe die paar Schritte zurück in mein Zelt. Der Schlafsack ist noch warm und Pieps schlummert weiter selig vor sich hin. Die Musik ist jetzt ganz leise und kurz darauf verstummt sie ganz.

Das muss ein Bild gewesen sein, denke ich amüsiert, Svenja in ihrem kurzen fliederfarbenen Nachthemd mit Ballerinas und wirren Haaren gibt die Concierge.

"Der hau ich eins in die Fresse", höre ich plötzlich eine erboste Stimme.
"Mach doch. Da drüben liegt die Schlampe", stachelt ihn ein Anderer an.

Hey, die meinen ja mich! Havelberg, ein Uhr morgens, ungeschminkt, aber das Passing hält! Ich bin noch ein paar Minuten etwas angespannt, aber ich kann keine weiteren Geräusche hören und kurz darauf bzzzZZzzzz chrrRRrrrrrr...

zum nächsten Tag...

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Das war der erste Reisetag und auch wenn mir der Osten noch sehr fremd ist, so ist es doch wunderschön hier. Mal sehen, was mich morgen erwartet.

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Svenja Svendura EndurowandernMade by Svenja Svendura on Apple iMac with Panic Coda and Photoshop Elements.