Drehbuch für die perfekte Reise
Ob es möglich ist, ein Drehbuch für die perfekte Reise zu schreiben? Eine Art Handbuch, eine Handlungsanleitung für absolut gelungene Motorradreisen, die immer wieder gelingen, wie Oma Gerdas Rezept für den perfekten Marmorkuchen? Die Mühe würde sich lohnen. Also frage ich mich: Was waren denn die schönsten Reisen? Und wovon hing das eigentlich ab? Vom Reiseland? Dem Motorrad? Vom Wetter? Der gefahrenen Strecke? Oder ist alles bloß Zufall?
Dazu kommt, dass Menschen im Allgemeinen schlechte Zeugen sind und dass unsere Erinnerung gern in goldenen Farben malt. Vieles erscheint rückblickend schon deshalb so glorios, weil es unser junges, gesundes und sorgloses Ich war, das es erlebt hat. Sämtlicher Mist des Lebens, Krankheit, Unglück und Scheidung lagen noch in weiter Ferne.
Was aber ist es, das die schönsten aller Reisen im Kern ausgemacht hat? Es muss doch ein Extrakt, eine Essenz zu finden sein, die sämtliche Geschmacksnuancen einer gelungenen Reise enthält. Eine Art Basisfond, aus dem sich künftige Reisen mühelos anrühren ließen. Was kann das sein?
Das Motorrad
Ist es das Motorrad, mit dem ich gefahren bin? Meine Suzuki, KTM, Kawasaki oder Honda? Ich glaube nicht. Geliebt hab ich sie alle, aber in meinen Reiseerinnerungen spielen sie kaum eine Rolle. Weder Marke, noch Hubraum oder PS kommen darin vor. Der Gedanke ist also nicht hilfreich, hat aber trotzdem sein Gutes: So weiß ich, dass ich keine 20k € für ein besonders tolles Motorrad auszugeben brauche, um die schönsten Reisen zu erleben.
Den meisten Spaß hatte ich mit Greeny, einem Motorrad, das so brav wirkt, als könne es keiner StVO der Welt etwas zuleide tun. Dabei hat sie gerade einmal 3900 EUR gekostet. Vergessen wir also das Motorrad.
Reiseziel und Strecke
Ist es vielleicht das Reiseziel, das Land und die Motorradstrecken, die man fährt? Ja. Die spielen in meiner Erinnerung eine große Rolle. Ich mag ruhige Nebenstrecken durch Wälder, über Hügel und durch Mittelgebirge. Natürlich mag ich auch Kurven, aber ich bin kein ausgesprochener Kurvenjunkie. Ich mag ebenso das ruhige Dahingleiten, ewig im selben Gang durch eine hübsche Gegend, ohne der Straße und meiner Maschine viel Aufmerksamkeit widmen zu müssen. Das liebe ich so an Schweden, es ist ebenso Enduro- wie Cruiserland.
Die Unterkunft
Spielt es eine Rolle, ob man in einer Hütte, im Hotel oder einem Zelt schläft? Ist das wichtig? Aber ja. Das ist sogar sehr wichtig. Ich erinnere mich an jedes Zelt, in dem ich geschlafen habe ebenso gut, wie an das Motorrad, mit dem ich hingefahren bin. Am liebsten zelte ich auf einem ruhigen Campingplatz am Fluss. Das Wildcampen ist wiederum ein Thema für sich.
Die Art und Weise der Übernachtung ist wichtig für eine gelungene Reise. Sie spielt quasi die weibliche Hauptrolle in unserem Drehbuch einer perfekten Motorradreise, auch wenn sie jeder anders besetzt. Für mich ist es Camping, aber für euch könnte es Hütte, Hotel oder Jugendherberge sein. Hauptsache, man weiß, wer für einen selbst die Schönste ist.
Das Essen
Spielt für Pieps und mich eine große Rolle. Dabei geht es gar nicht so sehr um die Qualität, sondern darum, ungestört zu sein und die Speisekarte selbst zu bestimmen. Im Restaurant finde ich das nicht. Die Tageskarte bestimmt die Auswahl, während die anderen Gäste und das Personal meine Kreise stören.
Gutes Essen ist wichtig und nirgends können wir das so gut, wie als unverdrossene Selbstversorger mit eigener Bratpfanne, egal ob im Zelt, oder in einer Hütte. Gutes Essen ist der Charakterdarsteller in unserem Drehbuch.
Das Wetter?
Ist das Wetter für den Spaß an einer Motorradreise von Bedeutung? Ist der Papst katholisch? Aber fett! Meine schönsten Erinnerungen und die besten aller Reisen spielen ausnahmslos im Sonnenschein. Keine einzige davon spielt in einer Telefonzelle bei Regen.
Es ist ein Desaster: Ausgerechnet die wichtigste Rolle im Stück ist mit einem Laiendarsteller besetzt, dem dummen Zufall. Was kann man da machen? Vielleicht hilft die Erkenntnis, dass Regen nicht auf alle Länder gleich verteilt ist: In Reykjavík, Island gibt es 213 Regentage pro Jahr. In den fünf Reisemonaten von Mai bis September sind es noch 81. Kiel hat 188, bzw. 71 Regentage, Wien 160 zu 63 und in Marseille gibt es von Mai bis September bloß 18 Tage, an denen es regnet, 58 im gesamten Jahr. (Quelle)
Das Wetter spielt für Motorradreisen eine riesengroße Rolle. Ein wenig kann man sich am Wetterrückblick der vergangenen Jahre orientieren. Ich checke vorher die Tiefsttemperaturen im Zielgebiet, um den passenden Schlafsack auszuwählen, aber das kann auch grandios schiefgehen. Es ist eben nur eine Statistik.
Das Elixier des Reisens
Habe ich sie gefunden, die Essenz, aus der sich eine perfekte Reise anrühren lässt? Nicht ganz. Dabei war ich mir so sicher, sämtliche Zutaten für eine gelungene Reise zusammentragen zu können, bis der blöde Zufall aufgetaucht ist. Ein paar Dinge habe ich aber doch gefunden, die für Pieps und mich zu einer glücklichen Reise dazugehören:
1. Wir reisen auf unserer kleinen Enduro mit Zelt und Schlafsack, Bratpfanne und Olivenöl. Nicht aus Kostengründen, sondern weil es das ist, was wir gut können und was wir mögen.
2. Wir wählen Länder und Regionen mit hübscher Landschaft und unaufgeregtem Verkehr. Ballungsgebiete und Großstädte werden großräumig ignoriert.
3. Die Route plane ich sorgfältig auf Google Maps, in Garmin Basecamp und auf kurviger.de. Wenn es verschiedene Strecken gibt, sehe ich mir die Alternativen auf Google Street View an und entscheide mich für die dürftiger ausgebaute Straße.
4. Das Wetter kann ich nicht beeinflussen, aber eines kann ich, nämlich eine top Ausrüstung haben, gute Regensachen, Gummistiefel und natürlich ein richtig gutes Zelt, das Sturm und Regen aushält, während Pieps und ich gemütlich in unserem Bett liegen und schlummern.
Fazit
Letztlich sind es mehr die Dinge, die es zu vermeiden gilt, um eine schöne Reise zu haben. Ich fühle mich im Hotel und im Restaurant weniger wohl, als im Zelt und hinter meiner Bratpfanne. Lieber fahre ich allein, als in der Gruppe. Autobahnen, Schnellstraßen und große Städte meide ich.Menschenmassen, Auftrieb und Lärm sind mir ein Greuel und Animation am Platz ist die Höchststrafe für einen gelungenen Urlaub.
Und ihr so? Was sind eure ganz persönlichen besten Zutaten für einen perfekten Motorradurlaub? Ich bin neugierig. Vielleicht kann ich ein paar eurer Ideen
Ich bin nicht zufrieden. Das mit dem Wetter kann nicht das letzte Wort sein. Ich weigere mich zu akzeptieren, dass Regen letztlich jede Reise verdirbt. Das muss doch anders gehen? Aber das ist ein Thema für einen anderen Sonntag.
Frohe Ostern, ihr Lieben.