Schweden 2011 - Der Start
Das Packen ist diesmal einfach. Ich muss bloß alles wieder zusammensuchen, was ich nach der Schottlandreise in der alten Militärkiste auf meinem Balkon verstaut habe. Nur auf ein Girly Outfit verzichte ich diesmal. Wann sollte ich das auch anziehen?
Dafür nehme ich aber den dicken Winterschlafsack mit. Schweden im Herbst ist sicher kälter als Schottland im Sommer und ich will nicht noch einmal frierend aufwachen und auf den Sonnenaufgang warten, während ich mit zwei Lagen Thermowäsche angezogen im Schlafsack liege.Diesmal fahre ich nicht alleine, sondern zusammen mit Volker und seiner schwarzen Yamaha XT660 Tenere. Eine Woche Endurowandern in Schweden, zelten, Offroad fahren, gut essen und Benzin reden. So lautet unser Plan. Unser Schiff, die Finntrader, legt erst zwei Stunden vor Mitternacht von Travemünde ab. Wir fahren über Plön und Eutin zur Fähre und stehen gegen Abend mit unseren Enduros vorm Schalter der Finnlines auf dem Skandinavienkai. Es ist Sonntagabend und von der sonst üblichen Hektik am Skandinavienkai ist heute wenig zu spüren. Die Abfertigungsschalter sind noch nicht besetzt und nur eine große Leuchttafel mit dem Hinweis Malmö sagt mir, dass wir hier richtig sind. Aua! Klatsch. Mist. Blöde Mücken. Während wir auf unser Schiff warten, werden wir mehr und mehr von Mücken eingekreist, die mit einem fiesen, durchdringenden Summen um unsere Köpfe schwirren. Ob das schwedische Mücken sind, die hier auf deutscher Seite die Touristen in Empfang nehmen sollen? Heute kommt mir die Wartezeit endlos vor, aber endlich öffnet sich die Schranke am Abfertigungsschalter und wir dürfen zum Schiff rollen. Ich bin froh, als ein Follow-Me Van der Hafengesellschaft vorausfährt, sonst hätte ich mich auf dem Weg durch dieses Gewirr aus Fracht, Absperrungen, LKW und Containern sicher verirrt.
Unter Deck stehen die Motorräder zwischen lauter LKW und ein Mitglied der Decksmannschaft macht sich sofort daran, meine KLX seefest zu verzurren. Bisher musste ich das erst ein einziges Mal nicht selber machen und das war auf der Fähre zu den Hebriden.
Die Finntrader ist keine dieser geleckten Personenfähren mit Showprogramm, Kinderhort und Animation, sondern eine Truckerfähre für LKW, Trailer und Fracht, die aber auch PKW befördert. Und natürlich unsere Enduros :-)
Als ich die Tür zu unserer Kabine mit dem kleinen Magnetkärtchen öffne, das die Dame am Schalter der Finnlines uns gegeben hat, bin ich zuerst erstaunt, wie klein die ist (Die Kabine, nicht die Frau am Schalter). Dafür ist die Überfahrt auf der Finntrader mit 90 € superbillig und wir sind ohnehin nur ein paar Stunden an Bord, denn um 7 Uhr legen wir schon in Malmø an und vorher wollen wir noch ans Frühstücksbuffet, das Volker für uns gleich mitgebucht hat.
Am Schalter der Rezeption tausche ich 300 Euro in 2.671 Schwedische Kronen. Ich bin reich.
Sogleich schnappe ich mir Volker und Pieps und schleppe sie nach oben in die Truckerbar auf Deck 6.
Die Preise an Bord der Finntrader sind so günstig, dass ich es kaum fassen kann. Die Flasche eiskaltes Budweiser kostet an der Bar nur 2 €. Truckerpreise?
Spätestens als ich lauthals nach einem Glas für mein Bier frage, weiß wohl jeder an Bord, dass ich nicht zu den Truckern gehöre. Zum Glück werden für Fälle wie mich stets einige Gläser an Bord vorgehalten.
Langsam gleitet die Finntrader durch die Trave hinaus in die Ostsee. Am Priwall passieren wir die Passat, ein ehemaliges Segelschulschiff, das heute als Museumschiff dient.
Mit zwei Flaschen Bier setzen wir uns an einen der kleinen runden Tische in der Bar und versuchen, allmählich in Urlaubsstimmung zu kommen, aber so recht will uns das noch nicht gelingen. Wir sind beide ziemlich müde und nach dem zweiten Bier ist Schluss für heute.
Es ist noch nicht einmal Mitternacht, als ich mich in meine Kabine zurückziehe (Frauen "gehen" nämlich niemals einfach in ihre Kabine, sondern ziehen sich stets dahin zurück). Um für den nächsten Morgen etwas Zeit zu sparen, verzichte ich sogar auf das lästige Abschminken und gehe mit Wimperntusche ins Bett. Wenn ich auf dem Rücken schlafe, ist sie morgen früh vielleicht noch gut und es bleibt mehr Zeit zum Kaffeetrinken. Gute Nacht, Welt.
weiter zu Tag 2
zurück nach oben