INHALTSVERZEICHNIS
Tag 1: Kiel - Travemünde
Tag 2: Malmø - Urshult
Tag 3: Urshult - Horn
Tag 4: Horn - Hammar (Vättern)
Tag 5: Hammar - Skottek
Tag 6: Skottek - Bolmen
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Urshult Växjö Route

Statoil

Receipt ICA

Kassenbon

Stugå


Durch Smålands Wälder

Tief drücke ich mein Gesicht in die Kapuze des Daunen­schlaf­sacks, kneife trotzig die Augen zusammen und tue so, als ob ich noch fest schlafe. Gerade jetzt ist es im Bett so schön kuschelig, während die Welt da draußen bestimmt nur kalt, nass und total doof ist.

Zelten im Wald in Schweden Hätteboda

Unauffällig blinzele ich mit einem Auge auf das Display meines Handys und kann es kaum glauben. Es ist gleich acht Uhr und ich habe mehr als elf Stunden lang in absoluter Premium­qualität tief und fest geschlafen.

Beschreibung Ich ziehe den breiten Reißverschluss meines Schlafsacks auf und für einen kurzen Augen­blick tut es mir um die schöne Bettwärme leid, die im Nu daraus ver­schwun­den ist. Ich steige in die Motorradhose und ziehe Gefrier­beutel als zweites Paar Socken an. Die halten jedem Regen stand, was man von Goretex nicht sagen kann.

Draußen herrscht keine Spur mehr von Welt­untergang und nur die tiefen Pfützen und vor Nässe tropfenden Bäume erinnern noch an das Unwetter der vergangenen Nacht.

Uns hält hier nichts und so brechen wir ohne weitere Trödelei unser Lager ab und fahren langsam den sechs Kilometer langen Waldweg zur Hauptstraße zurück. Es ist noch früh am Morgen als wir unsere Motorräder in Urshult vor "Kalles Restaurang" abstellen. An dem größten Tisch sitzen einige Waldarbeiter beim Früh­stück zusammen und sehen uns neugierig an. Wir nicken einander höflich zu und bestellen bei der Bedienung am Tresen zwei Becher Kaffee.

Kalles Restaurang Urshult

Der Kaffee schmeckt erstaunlich gut. Ob im Preis von 1,50 € wohl unbegrenzter Refill ent­halten ist? Mit meinem Becher in der Hand schlendere ich lässig zum Buffet, nehme die schwere Glaskanne und schenke mir wieder bis zum Rand voll. Ich versuche nicht allzu schuld­bewusst auszusehen, als ich ohne zu bezahlen an der Kasse vorbeigehe. Keiner sagt was, also scheint es ok zu sein. Volker und ich wandern noch drei Mal zum Buffet und füllen unsere Becher nach.

Beschreibung Bevor wir weiterfahren, muss ich dringend die Kette der Green Cow fetten. Die lange Fahrt im Regen und die tiefen Pfützen im Wald haben das Kettenfett fast vollständig abgewaschen und einige Rollen glänzen bereits metallisch silbern.

Volker hat es besser, oder hat er nicht? Seine Tenere hat einen automatischen Kettenöler, der während er Fahrt tröpfchenweise Öl an die Kette gibt, nur leider ist der kleine Öltank inzwischen fast leer und Volker hat keine Reserve dabei.

Bei nächster Gelegenheit will er sich etwas Kettensägenöl und eine Einweg­spritze besorgen, mit der er das System auffüllen kann. Wir machen uns auf die Suche nach einer Apotheke, um eine Spritze zu organisieren.

Durch das Naturreservat Västra Åsnens fahren wir nach Vederslöv, einem kleinen Dorf, in dem ich mir die Zeit nehme, um eine der typi­schen, skandinavischen Kirchen zu fotografieren. Mich fasziniert der starke Kontrast zu den schweren Bauten in England, die dagegen wie normannische Trutzburgen wirken, und die ich erst vor wenigen Wochen fotografiert habe. Wieviel lieblicher die skandinavischen Bauten dage­gen wirken.

Kirche in Schweden

Unser nächstes Etappenziel ist Växjö, die Provinzhauptstadt der Gegend und mit 60.000 Einwohnern größter Ort weit und breit. Hier gibt es sogar eine ganz normale Tankstelle: Ranfahren, Deckel auf, Rüssel rein, tanken, Deckel zu, reinlatschen, bezahlen, wegfahren. Oh, ich liebe das. Und sogar Volker muss ausnahmsweise mal tanken, auch wenn das Benzin­fass seiner Tenere mit 23 Litern dreimal so groß ist, wie der Adventuretank der KLX.

Statoil Tankstelle in Schweden

Gegenüber der Tankstelle gibt es einen hochmodernen ICA Supermarkt und ich wette, da gibt es die leckersten Entrecotes. Aufsitzen, erster Gang, zweiter Gang, Vorfahrt achten, links, rechts gucken, zweiter Gang Vollgas auf den Parkplatz vom Supermarkt, den Bordstein hoch und direkt vor den Eingang fahren. Ein paar Leute gucken verun­sichert. Sorry, wir sind Endurofahrer und können nicht anders. Ich hab schon auf mein Wheely verzichtet.

Mit einem Einkaufskorb voller Entrecotes, Kotelett, Milchschokolade und Bier stehen wir kurz darauf an der Kasse. 174 Kr steht in roter Leuchtschrift auf dem Kassen­display. Ich nehme einen Hunderter und ein paar Münzen und halte dem jungen Mädchen an der Kasse die Handvoll Geld mit einem Lächeln entgegen. Sie nimmt es nicht an.

Stattdessen sieht sie mich an wie etwas Ekliges, das unter ihrem Schuh klebt und zeigt nur wortlos auf einen Münzschlitz neben dem Laufband. Dort soll ich die Münzen einwerfen. Nur den 100  Kronen Schein nimmt sie huldvoll entgegen. An ihrem Blick kann man ablesen, dass sie Volker und mich gerade für zwei absolute Landeier hält.

Einsame Landstraße in Schweden Motorrad

Motorradfahren in Schweden

Schotterpisten Schweden Enduro

Enduro in Schweden

Am Nachmittag verwandeln sich die schmalen Landstraßen in grobe Schotter­pisten, die wir mit großem Spaß auf unseren Enduros entlangdüsen. Es ist kein schwieriges Gelände und jede Straßenmaschine könnte hier entlangfahren, aber trotzdem erleben wir einen kleinen Hauch von Abenteuer und fühlen uns grenzenlos frei.

Reifen KLX250 Endurowandern Unsere Regenkombis haben wir heute noch nicht gebraucht, auch wenn wir oft misstrauisch nach oben sehen. Aber trotz der bedrohlich wirkenden Bewölkung fahren wir die meiste Zeit im Sonnen­schein.

Der Hinterreifen meiner Enduro hat erst 6.000 km runter und trotzdem ist er bald am Ende. Erstaunlich, mit welch gesun­dem Appetit die kleine Kawa Hinterreifen frisst, doch diese Tour wird er noch durch­halten müssen.

Der nächste größere Ort, durch den wir fahren, ist Vetlanda, eine Kleinstadt mit kaum 13.000 Einwohnern, doch nach der Einsamkeit der Wälder erscheint sie uns wie eine Metropole. Am Marktplatz entdeckt Volker im Vorbeifahren eine Apotheke und hält davor an. Hier bekommt er sicher eine Einwegspritze, um damit seinen Kettenöler aufzufüllen.

Als Volker aus der Apotheke kommt, sehe ich sofort an seinem Gesicht, dass er keinen Erfolg hatte. Wie ich später erfahre, hat er es mit der völlig absurden Kettenöler Story versucht, anstatt meinem Rat zu folgen und mit tränenerstickter Stimme von seiner zucker­kranken Oma zu erzählen. Selbst Schuld, die Apothekerin hat sich sogleich hinter einer angeblichen Mindest­ab­nahme von zehn Stück verschanzt, die Volker dann zu teuer war.

Kettenöler Apotheke Schweden

Landschaft mit Seeufer in Schweden

Straße durch den Wald in Schweden

Unsere nächste Station ist Katthult, wo der Hof von Michel aus Lönneberga steht, den Volker sich unbedingt ansehen möchte. Ich hatte es nicht übers Herz gebracht, meinen Kumpel darüber zu informie­ren, dass es sich bloß um eine Fernsehserie handelt und dass er Michel heute vermutlich gar nicht antreffen wird. Mit kindlicher Freude stiefelt Volker in großen Schritten den Sandweg zum Hof hinunter. Ich bleibe diesmal wohlweislich bei den Enduros zurück. Wenn ich da nicht hin­fahren darf, dann will ich da auch nicht sein.

Michel aus Lönneberga Hof in Katthult

Es ist beinahe 17 Uhr, als wir uns von Katthult aufmachen, um einen Campingplatz für die Nacht zu suchen. Volker sieht hochzu­frieden aus, weil er den Michelhof besucht hat und ich trage denselben Ausdruck, weil ich andauernd an die beiden fetten Entrecotes in meinem Tankrucksack denken muss.

Schotterpiste durch den Wald in Schweden

Hütte Stuga Motorradtour durch Schweden

Hornåbergs Camping ist ein netter kleiner Platz am Fluss Stångån. Der Camping­wart zeigt uns einen Platz am Ufer, wo wir zelten können. Die Wiese ist aber so nass, dass jeder Schritt ein quatschendes Geräusch macht und die Seitenständer der Enduros gleich ein­sinken. Ein Blick zum Himmel sagt uns, dass heute nacht mit weiterem Regen zu rechnen ist.

Wir lassen das Gepäck auf den Motor­rädern und fragen an der Rezeption nach einer Stugå, einer der kleinen Holzhütten, die auf dem Platz vermietet werden. Mit 250 Kronen, ca. 27 €, ist sie erstaun­lich günstig und wir greifen sofort zu.

Dafür gibt es eine süße kleine Hütte mit Etagenbetten, einer winzigen Küchen­zeile, einem Klapptisch mit zwei Stühlen und mit einer überdachten Terrasse.

Während unsere Schlafsäcke noch zum Lüften auf der Leine hängen, sitzen wir bereits auf der Terrasse und werfen die Entrecotes in die Pfanne.

Leider ist das Fleisch genauso zäh und geschmacklos wie gestern. So schmecken doch keine Entrecotes. Ich verstehs nicht: Die kochen hier ausgezeich­neten Kaffee und backen die leckersten Kuchen, aber Rindfleisch, das kriegen sie nicht hin.

Es beginnt zu regnen und im Handstreich erobern Pieps und ich das obere Etagen­bett, wo wir es uns mit unserem neuesten Roman gemüt­lich machen.

Svenja und Pieps in der Stugå Hütte in Schweden Wir sind doch beide so gespannt wie es weitergeht, denn gestern abend hatte der britische Premierminister dem Militär befohlen, einen kompletten Londoner Stadtteil auszuradieren, um das tödliche Virus nicht entkommen zu lassen. Aber natürlich hat Dr. Davenport, oder Mike, wie wir ihn nennen, schon einen genialen Plan, um das zu verhindern.

Nur diese eine Kranken­schwester kommt uns total merkwürdig vor und Pieps und ich trauen ihr beide nicht. Ich muss unbedingt weiterlesen und sag deshalb jetzt schon mal "Gute Nacht"...


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Svenja Svendura Panic Coda iMacMade by Svenja Svendura on Apple iMac with Panic Coda and Photoshop Elements.