In Pommern
Es regnet in der Nacht, aber das Prasseln hat etwas so Gemütliches, dass ich immer wieder einschlafe. Das Witschi Kissen, das ich für meinen reparierten Hals gekauft habe, ist genial. So gesund ich sonst bin, mein Genick ist meine Lindenblattstelle, seit ich es einmal gebrochen habe. Das Neue aus Titan ist zwar fast besser als das Original, aber trotzdem muss ich immer gut darauf achtgeben.
Ich fahre jetzt durch die Uckermark. Das auffälligste Merkmal dieser Landschaft - neben ihrer unberührten Schönheit - ist die Abwesenheit von allem anderen, oder kurz gesagt: Hier ist nichts! Kein Bäcker, kein Café, kein Garnichts. Schon seit einer ganzen Weile habe ich mich an den nassen Wiesen sattgesehen, jetzt möchte ich frühstücken.
Satt und zufrieden steige ich wieder in meine Regenkombi und fahre weiter. Die letzten Kilometer bis zur polnischen Grenze führen über asphaltierte Wirtschaftswege zwischen Wiesen und Windrädern hindurch.
Kurz vor Gryfino überquere ich die Oder und damit die Grenze nach Polen. Diesen Übergang habe ich aus keinem besonderen Grund ausgewählt, denn Polen ist mir bisher ebenso fremd wie Madagaskar, von beiden weiß ich kaum mehr, als dass es sie gibt.
Als erstes brauche ich polnisches Geld, Złoty, was ausgesprochen wird wie Swote und von denen vier Stück auf einen Euro passen, oder anders gesagt: Ein Złoty ist etwa 25 Cent wert.
Gryfino ist ein typischer Grenzort: Was immer man hat, das es auf der anderen Seite der Grenze nicht gibt, wird in schreiender Reklame angepriesen. Grenzorte betonen gerne die miese Seite einer Region, ich weiß aber auch, dass sie nicht typisch sind für das, was einen im Inland erwartet.
In Gryfino gibt es mehrere Geldautomaten, aber ich brauche nicht zu suchen, denn meiner steht seit Wochen fest: Der Automat der BGZ Bank im Zentrum.
Jedes Detail meiner Reise habe ich minutiös geplant und wenn ich einmal losgefahren bin, dann läuft sie mit der Präzision einer Domino Kettenreaktion ab. Vielleicht mit Ausnahme dieser blöden Fußgängerbrücke gestern.
Der Regen wird immer stärker und ist inzwischen trotz Regenkombi ziemlich unangenehm. Lange macht die das nicht mehr mit, bevor sie die Fühler streckt.
Es ist Sonntag, aber der Parkplatz vor dem Tesco 24/7 Megamarkt in Stargard ist so voll, wie der vorm Kieler Citti-Park am Tag vor Weihnachten. Ich stelle das Motorrad so dicht es geht am Eingang ab und betrete staunend den Laden.
Dieser Tesco ist mehr als ein gewöhnlicher Supermarkt, eher eine Shopping Mall mit weiteren Geschäften und kleinen Ständen. Der riesige Markt brummt, Dutzende Kassen piepsen munter um die Wette und viele Menschen sind erstaunlich gut, fast elegant, angezogen. Der Sonntagseinkauf scheint etwas Besonderes zu sein, da erscheint man nicht in Ballonseide.
Einige Männer tragen Anzughosen mit dunklen Schuhen und viele Frauen sind top gestylt, High Heels, kaum Flachtreter und keine einzige Birkenstock Ballerina. Ganz gewöhnliche Hausfrauen, die auf 12 cm Pumps mühelos die Gänge entlangstöckeln und dabei noch ein Kleinkind im Arm halten. Endlich normale Menschen, denke ich mit einem tiefen Seufzer.
Hier würde ich im Alltag nicht auffallen, bloß heute gelingt mir das nicht, denn in der nassen, schmutzigen Regenkombi steche ich hervor wie ein fauler Zahn und ziehe verwunderte Blicke auf mich. Ich befürchte, dass mir jeden Moment mit gütigem Lächeln ein paar Złoty in die Hand gedrückt werden.
Durch breite, hell erleuchtete Gänge schreite ich in Richtung Lebensmittelabteilung, biege um die Ecke am Käseregal und erstarre: Vor mir ein viele Meter breiter Wursttresen, wie ich noch keinen zuvor gesehen habe. Wurst ist seit jeher mein Lieblingsessen, schon als Kind habe ich dafür jedes Eis stehenlassen.
In Tschechien hatte ich bereits einen ersten Eindruck von slawischen Wurstwaren bekommen, aber das hier schlägt alles: Da sind lange, dünne Würste, die wie blonde Kabanossi aussehen, knorrige Bierbeißer, alle erdenklichen Arten Debrecziner, dunkle Rauchwürste nach Art einer Blutwurst und viele, viele unbekannte Spezies, die ich noch nie gesehen habe. Das hier muss das Paradies sein.
Während ich allmählich nach vorne rücke, entdecke ich bereits den nächsten Tresen: Speck. Ein ganzer Tresen voller Speck und Braten, jeder anders zubereitet und geräuchert. Mein Blick fällt auf ein Stück rosigen Speck, der unten mager und zur Schwarte hin immer fetter wird und es ist Liebe auf den ersten Blick: Baby, du kommst heute abend mit in mein Zelt.
"Co to może być, proszę?", werde ich unvermittelt gefragt. Oh, ich bin schon dran. "Ein Stück davon, bitte. Sorry, no polska. One piece of this, please", mache ich mich komplett zum Löffel, weil ich nicht weiß, wie ich mich verständigen soll, aber die Frau versteht mich, denn so gierig, wie ich auf den Speck zeige, das ist wohl unmissverständlich.
Sie nimmt eine Speckseite von der Größe eines kleinen Spanferkels und deutet mit dem Messer ein Drittel davon an, ein Stück, das ungefähr ein Kilo wiegen würde.
"No, no, no", protestiere ich und mache mit Daumen und Zeigefinger das internationale Zeichen für "winzig", was mir in einem Pub in Wales um ein Haar mal ziemlichen Ärger eingehandelt hätte, aber sie versteht und lässt ein Stück nach.
Trotzdem säbelt sie einen Klumpen ab, der noch immer dreimal so groß wie geplant ist, aber ich stehe mit stoischer Miene dabei und tue so, als sei es genau das, was ich wollte. Ich darf jetzt keine Schwäche zeigen, schließlich bin ich als Deutsche im Ausland automatisch auch eine Art Botschafterin und ich will keinen schlechten Eindruck hinterlassen: "Die Deutschen? Totale Weichlappen! Die essen nur winzige Portionen Speck. Erst neulich war eine bei mir am Tresen, die..."
Genau so entstehen nämlich Vorurteile und um wirklich jeden Verdacht auszuräumen, nehme ich noch vier Debrecziner Würste dazu.
Heute ist gleich eines der ersten Vorurteile über Polen gefallen, zum Glück war es keines von meinen eigenen: "Mach dir kein' Kopp, die können da alle Deutsch, jedenfalls die Älteren."
Heute abend werde ich im Restaurant auf dem Campingplatz essen, die Wurst und den Speck habe ich nur gekauft, weil sie mich so begeistert haben, aber jetzt habe ich Hunger. Die Auslage in der heißen Theke des Schnellrestaurants sieht verführerisch aus, besonders das Schaschlik hat es mir angetan, es gibt sogar mehrere Sorten davon. Schaschlik habe ich ewig nicht gegessen.
Mit einer zeigenden Geste, einem verlegenen Lächeln und zwei hochgehaltenen Fingern bestelle ich zwei Schaschliks, die ich auf einem Pappteller an den nächsten Tisch balanciere. Mit Heißhunger mache ich mich über die leckeren Fleischspieße her, die wie früher aus Schweinefleisch, Zwiebeln und großen Stücken durchwachsenem Speck gemacht sind.
Das Essen schmeckt prima und erinnert an die Zeit, bevor Baumstreichler und Bedenkenträger den Spaß am Essen durch Dinkel, Tofu und schlechtes Gewissen ersetzt haben.
Satt und zufrieden steige ich auf mein Motorrad und fahre weiter auf der Hauptstraße durch Stargard. Neugierig betrachte ich die Häuser und Geschäfte am Straßenrand. Es fällt auf, wie stark alles gegen Diebstahl gesichert ist. Die Grundstücke der Autohändler sind von Zäunen aus Stahl umgeben, die kein Auto unbeschadet durchbrechen könnte, fast alle Fenster sind vergittert und sämtliche Privatgrundstücke durch massive Metalltore gesichert.
Die Polen scheinen selbst einige Vorurteile bezüglich des Klauens zu haben. Auf jeden Fall sind die ungewöhnlich starken Maßnahmen zur Sicherung von Häusern und Grundstücken nicht zu übersehen.
Kurz hinter Stargard führt meine Route nach rechts auf eine alte Allee mit Kopfsteinpflaster. Die Mitte der Straße ist mit Moos bewachsen und der nasse Basalt sieht rutschig aus. Mit 60 - 70 km/h fahre ich vorsichtig die buckelige alte Landstraße entlang.
Hier wurde Holz gemacht und ich fahre besonders vorsichtig weiter, denn auf der nassen Erde ist der Heidenau K60 nicht die erste Wahl. Die Traktion ist prima, aber die Seitenführung schwächer als bei einem Crossreifen und mehr als einmal rutscht das Hinterrad seitlich weg, wenn ich versuche, eine Pfütze auf der Wegschulter zu umfahren.
Es macht Spaß, aber ich fürchte, dass der Weg jeden Moment im Nichts enden wird. Hoffentlich muss ich nicht die ganze Strecke zurückfahren und noch hoffentlicher lege ich mich nicht in den Matsch.
Mein Durchschnittstempo liegt kaum über dem eines Joggers. Endurowandern in Polen braucht Zeit und ist kein Vergleich zu den schnellen Schotterpisten in Schweden.
Nach 10 km mündet der Weg in die Landstraße 151, nur um kurz darauf erneut in die Pampa abzubiegen. Immerhin ist der Weg jetzt asphaltiert und ich komme schneller voran. Das GPS Gerät zeigt mir genau wo ich bin, auch wenn ich keine Ahnung habe, wo das ist.
Mein Vorwärtsdrang endet abrupt vor einer großen Tafel, die in vier Sprachen verkündet: MILITÄRZONE EINTRITT VERBOTEN, MILITARY AREA KEEP OUT NO ENTRY.
Mit laufendem Motor stehe ich im Regen vor dem Schild und bin ein wenig aus der Fassung. Was mache ich jetzt bloß? Ich muss auf der Landstraße nördlich um das Sperrgebiet herumfahren. Das geht sogar noch um Stunden schneller, als auf den matschigen Feldwegen, aber es macht auch weniger Spaß.
Oder ich fahre vorsichtig durchs Sperrgebiet und hoffe, dass ich nicht erwischt werde. Heute ist Sonntag, es gießt wie Hulle und die polnische Bundeswehr hat vermutlich frei.
Ich entscheide mich für B.
Mit einem unguten Gefühl im Bauch lege ich den ersten Gang ein und lasse die Kupplung kommen. Die ersten Kilometer geht es auf einer Piste durch den Wald und bis auf ein paar Zeichen und Warnschilder sieht alles ganz harmlos aus, aber trotzdem geht mir die Muffe eins zu tausend.
Nach einer ganzen Weile, in der alles gut gelaufen ist, tauchen plötzlich Gebäude vor mir auf. Eine Kaserne! Geistesgegenwärtig stecke ich die Kamera in die Regenkombi. Wenn sie mich stoppen, soll nicht auch noch ein Fotoapparat schussbereit vor meinem Bauch hängen.
Mit der geringst möglichen Drehzahl rolle ich im vierten Gang über das Gelände, vorbei an sorgsam aufgereihten Militärfahrzeugen, einem Hubschrauberlandeplatz, zwischen Unterkünften hindurch immer weiter. Ich hatte recht: Sonntags haben die zu. Es ist keine Menschenseele zu sehen, niemand hält mich auf.
Unbehelligt verlasse ich das Kasernengelände und folge der Anzeige des GPS auf einen matschigen Weg mit großen Pfützen. Bei trockenem Wetter ein Klacks, aber heute macht die Strecke mir zu schaffen. Ich kann die Tiefe der Pfützen nicht einschätzen und weiß genau, welche Überraschung man erlebt, wenn da jemals ein Panzer durchgefahren ist.
Das ist wirklich Endurowandern hier in Pommern, denke ich, als mir plötzlich das Herz endgültig in die Regenhose rutscht: Soldaten direkt vor mir!
Eine Trupp Uniformierter steht mitten auf dem Weg und wegen ihrer Tarnkleidung und der schlechten Sicht habe ich sie viel zu spät bemerkt. Es sind ungefähr acht Mann, die mit vollem Marschgepäck, Stahlhelm und Gewehr unentschlossen auf dem Weg herumstehen.
Sie sind ebenso verblüfft wie ich, als ich aus einer Regenwand heraus vor ihnen auftauche. Ganz offensichtlich ist kein Vorgesetzter dabei, kein Gruppenführer weit und breit, und ich ahne, was hier los ist: Die Jungs haben Shice gebaut und sind zu einer kleinen Sonderübung unterwegs. Das ist die einzige Erklärung, weshalb sie am Sonntag ohne Führer im Wald unterwegs sein sollten.
Langsam, ganz langsam, Stop and Go, fahre ich zwischen ihnen hindurch und lächele freundlich. Wenn kein Befehlshabender dabei ist, könnte ich Glück haben. Ohne Chef sind sie wie ein Rudel Gurken und wissen nicht, was sie tun sollen.
Die Männer weichen gerade so weit zur Seite, dass ich mich mit rutschender Kupplung und paddelnden Füßen vorsichtig zwischen ihnen hindurch drängen kann. Bis jetzt machen sie keine Anstalten, mich aufzuhalten, aber glücklich sind sie mit mir auch nicht, das kann ich sehen.
Sowie ich vorbei bin, schalte ich hoch und gebe behutsam Gas, so dass es gerade eben nicht nach Flucht aussieht. Unauffällig blicke ich in den Rückspiegel, aber sie stehen weiter nur ratlos im Regen. In meiner orangen Regenkombi mit der Quietscheente auf dem Rücken sehe ich vermutlich nicht sehr bedrohlich und vor allem nicht russisch aus.
Das ist gerade noch einmal gut gegangen. Was mach ich auch für einen Mist? Ich muss hier schleunigst verschwinden, aber das Areal ist riesig und nimmt kein Ende. Viele Kilometer fahre ich über Feldwege, ohne noch einmal einem Menschen zu begegnen.
Der Campingplatz Inter Nos liegt auf der Insel Schulzewerder mitten in einem See. Die Insel ist 8 km² groß und mit einer platzeigenen Fähre zu erreichen. Sie fährt alle zwei Stunden zur geraden Stunde, oder man ruft einfach drüben an und lässt sich abholen.
Der Platz wurde einmal in der Sendung NDR Landpartie vorgestellt und nachdem ich den Beitrag auf Youtube angeschaut hatte, war die Entscheidung gefallen: Da will ich zelten.
Seit neuestem gibt es auch eine Pontonbrücke für Fußgänger und Radfahrer, für Fahrzeuge ist sie allerdings verboten. Die Fähre geht erst in einer Stunde, also nehme ich mein Handy und rufe die angegebene Nummer an. Es meldet sich sehr freundlich ein Herr Moser, der verspricht, den Fährmann zu schicken.
"Ich könnte das Motorrad aber auch über die Brücke schieben, das ist nur eine leichte 250er."
"Kannscht au' fahre, wenns dirs zutrauscht. Isch halt rutschig."
"Ok, dann bis gleich."
Die Insel ist größer, als ich sie mir vorgestellt hatte. Auf einem Hügel steht ein stattliches gelbes Gebäude, da muss ich hin. Vor dem Haus spielen Kinder um einen Kessel mit Zuckerwatte herum und ein Stück weiter steht eine Hüpfburg für die Kleinen.
Ich lasse das Motorrad stehen und gehe über die Außentreppe nach oben ins Restaurant. Vielleicht ist da auch die Anmeldung. Laute Popmusik schallt mir entgegen und als Piraten verkleidete Kinder toben die Treppe herunter. Ist hier ein Fest?
Wie ich später erfahre, ist es Laura, die heute ein Jahr alt wird. Der erste Geburtstag wird in Polen ganz besonders groß gefeiert. Hintergrund dieses alten Brauchs dürfte die hohe Kindersterblichkeit vergangener Zeiten gewesen sein, als ein Kind erst nach einem Jahr aus dem gröbsten raus war und die Eltern das glücklich gefeiert haben. Allerdings habe ich ein wenig den Verdacht, dass Polen einfach gerne feiern und letztlich jeder Anlass recht ist, denn anders ist das opulente Fest nicht zu erklären.
Mit entschuldigendem Lächeln zwänge ich mich zwischen den Gästen durch zum Tresen. Dahinter steht ein Bär von einem Mann, der mich schon zu erwarten scheint. Es ist Michael Moser, einer der beiden Brüder, denen die Campinginsel gehört und mit dem ich gerade telefoniert habe.
Nach einer kurzen Begrüßung - die sprechen wirklich lustig, die Österreicher - halte ich meine Standardansprache für Rezeptionen mit Barbetrieb: "Ich möchte hier zelten, aber als erstes möchte ich ein kaltes Bier."
Mit stoischer Miene nimmt Michi ein Bierglas, füllt es geschickt bis zum Rand und schiebt es über den Tresen. Es ist gerade genug Zeit, ein Foto zu machen, bevor ich es schon ausgetrunken habe. Erst jetzt komme ich allmählich zur Ruhe.
"Nein, danke, ich möchte zuerst das Zelt aufbauen. Was bekommst du fürs Bier?"
"Ah, is schon okay. Bischt ei'gladen.
"Oh, danke schön. Klasse."
Doch, ich glaube, hier könnte ich mich wohlfühlen. Ich habe nämlich schon vor Wochen im Internet die Speisekarte des Restaurants studiert und mir extra kein Essen mitgebracht, wenn man den Speck und die Würste einmal nicht mitrechnet.
Ich suche mir einen Platz auf der Wiese und baue das Zelt auf. Es nieselt. Gerade habe ich alles eingeräumt und den Reißverschluss hinter mir zugemacht, da fängt es wieder an zu gießen. Welch ein Tag heute.
"Wir haben nur eine kleine Karte, aber alles wird frisch gekocht", erfahre ich von Martin Moser, dem anderen Bruder. Das weiß ich natürlich alles längst, weil ich die Sendung NDR Landparty gesehen habe, wo alles genau berichtet wurde, besonders das mit dem guten Essen.
"Ich hätte gerne die gebackene Tomate mit Mozarella, danach ein Steak und Wein."
"Wie groß soll das Steak sein?"
Ich hasse solche Fangfragen, da kannst du als Frau nur verlieren: Wenn ich sage 500 g, dann halten die mich nicht für damenhaft und wenn ich sage 300, dann werde ich nicht satt. Aber notfalls habe ich ja noch Speck und Würste im Zelt.
"300 Gramm bitte", gebe ich meine Bestellung auf und komme mir besonders ladylike vor. Während ich auf das Essen warte, trinke ich kühlen Weißwein. Ich bin zwar nass bis auf die Knochen, aber wenigstens ist mir nicht kalt und der Wein schmeckt ganz prima.
Oh, da kommt schon die Vorspeise, die sieht aber gut aus. Die ist alleine so reichhaltig, wie manch ein Hauptgericht und schon fürs Auge ein Genuss. Die Tomate ist reichlich mit Mozzarella gefüllt, gebacken und mit einer braunen Flüssigkeit gewürzt, die leicht nach Essig schmeckt und total lecker ist.
Das Sirloin Steak schmeckt vorzüglich und verschwindet fast unter einem Berg von Pilzen. Meine Güte, machen die hier leckeres Essen. Bis auf ein paar Kartoffelspalten und die Serviette verputzen wir alles restlos.
"Kann ich bitte einen Verteiler haben?"
"Magscht a Werner?"
Wer zum Geier ist Werner? Doch kurz darauf bekomme ich einen Schnaps, der Averna heißt und mit sehr viel Zitrone in einem hohen Glas serviert wird. Den kannte ich bisher nicht, er schmeckt aber klasse.
Ich trinke noch ein letztes Glas Wein und verabschiede mich in mein Zelt. Ich ziehe die nassen Sachen aus und schlüpfe in mein Nachthemd. Meine Güte, bin ich erledigt. Entweder bin ich inzwischen auch so ein Weichlappen, oder ich werde allmählich alt. So kaputt war ich lange nicht, aber ich muss gleich noch einmal los, Zähne putzen und mich abschminken.
Innerhalb von Minuten bin ich tief und fest eingeschlafen und reibe selig schlummernd schwarze Wimperntusche und Maybelline Jade MakeUp in den Kissenbezug...
zum nächsten Tag...
zurück nach oben
Das war mein erster Tag in Polen, spannend, aber nicht klug, deshalb: "Bitte machen Sie das zu Hause nicht nach und informieren Sie auch ihre nicht deutsch sprechenden Nachbarn und insbesondere Kinder."