Im Parc Morvan
Welch ein schöner Morgen das ist, als wir die ersten Kilometer nach dem Frühstück gemeinsam Richtung Langres rollen. Kurz darauf trennen sich unsere Wege: „Tschüss, Geli, tschüss, Didi“, brülle ich aus voller Lunge in meinen Helm, auch wenn die beiden mich gar nicht hören können: „Gute Fahrt euch!“
Auf dieser Reise fotografiere ich wieder „one lens only". Ich habe mich für eine 50 mm Festbrennweite entschieden. Die anderen Objektive habe ich zuhause gelassen und ein Zoomobjektiv besitze ich gar nicht. Mir macht es Freude, jede Aufnahme mit nur einer Brennweite „hinzutanzen", bis die Perspektive und der Ausschnitt stimmen.
Plötzlich entdecke ich etwas, das mir bekannt vorkommt. Dort vorne, die Gruppe alter Eichen mit der Picknickbank? Aber ja, da haben wir schon einmal gesessen, Pieps und ich. Ich ziehe die Kupplung und lasse die Honda unter den Eichen ausrollen. Ein perfekter Platz für ein Picknick.
Mal sehen, was wir noch im Tankrucksack haben.
Die Inventur ergibt ein halbes Baguette und ein Töpfchen Meersalzbutter. Die liegt schon seit Deutschland im Tankrucksack und allmählich ist sie reif, auch wenn Butter - ähnlich wie Hackfleisch - im Grunde ja nicht schlecht werden kann.
Seitdem habe ich in Frankreich stets die karierte Tischdecke, einen Teller und etwas Leckeres im Tankrucksack. So ein Picknick auf Reisen finde ich unglaublich romantisch. Pieps nicht, die isst nur gerne.
Das werde ich mir auch für andere Reiseländer bewahren. Nur das Wetter muss stimmen. Auf der Hardangervidda im Regen käme man nicht auf die Idee anzuhalten, selbst wenn es dort Picknickplätze gäbe.
„Wenn wir hier schon anhalten, dann können wir auch gleich einkaufen. Was meinst du Pieps?“
„Ok. Nur, ich schieb den Wagen. Und ich will Eis und Onktrikot.“
„Lass uns erstmal reingehen, dann sehen wir weiter.“
Es ist schon der dritte Fleischtresen, an dem ich kein Entrecôte entdecken kann. Suchend stehe ich vorm Tresen und starre durch die Scheibe. „Pardon Madame, le entrecôte ?“, frage ich mit suchendem Blick. Sie muss auch erst einmal schauen bis wir gleichzeitig den unglaublichen Fleischstrang entdecken, eher ein Rinderviertel als ein Steak.
Mit dem Schlachtermesser säbelt sie eine gewaltige Scheibe herunter. Erst bei 680 g stoppt die Anzeige der Waage. Allein das Fettauge dürfte etwa 100 g haben. Pieps nickt anerkennend, aber ich ahne, dass dieser Lappen niemals in unsere Pfanne passen wird.
Am Nachmittag zur besten Kaffeezeit erreichen wir Camping Le Paroy. Es ist glühend heiß. Langsam fahre ich den steilen Schotterweg hoch zu der Hütte, in der Rezeption, Küche, Restaurant und Bar untergebracht sind. Wir sind zum dritten Mal hier, Pieps und ich.
„I recognize you from last year“, begrüßt mich Gerards Tochter, dem das Camp gehört.
„Me too. You sold me all that Leffe Blondes last summer“
Mit der Ruhe dürfte es mit dem Eintreffen von Mademoiselle Pieps ja nun vorbei sein. Dafür ist die kleine Maus ein gern gesehener Gast vorne am Kiosk bei Gerard und seinen Töchtern. Auf Mamas Deckel, natürlich.
„Ich geh Pommes holen. Kann ich Voaschuss auf mein Taschengeld?“
„Mäuschen, du hast bereits Vorschuss aufs Taschengeld bis zur Rente.“
„Kann ich denn Orlaubsgeld?“
„Na gut. Hier hast du zehn Euro, aber teil dir das ein bisschen ein.“
Aus dem Elternzyklus: „Sätze, die man sich sparen kann."
Es ist Freitag vor dem langen Pfingstwochenende. Zum Glück haben wir reserviert, denn das Camp ist komplett ausgebucht. Zuerst denke ich, man hat uns an den Katzentisch gesetzt, bis ich kapiere, dass wir sogar den absoluten Premiumplatz bekommen haben. Direkt am Waldrand im Schatten alter Bäume, ein Stück außerhalb des Camps.
Ich merke mir Platz Nr. 34, hier kommen wir wieder her.
Das Entrecôte ist tatsächlich etwas zu groß für die Pfanne, aber das macht nichts. Hauptsache, das ist kein alter Brontosaurus, der an Altersschwäche verschieden ist.
Camp Le Paroy ist das neueste in der Liste meiner Lieblingscamps. Hier werden wir die Pfingstage verbringen und es uns gutgehen lassen.
Gegen Abend wird es still im Camp. Hier draußen hinterm Zaun sind nur die Geräusche des Waldes zu hören. Die Frösche im Teich quaken wie blöde und hinter uns im Unterholz ruft irgendwo ein Kuckuck.
Besser kann man zum Schlafen nicht liegen: „Gute Nacht, Welt. Bis morgen.“
Und so sah dieser Tag im vergangenen Herbst aus, als wir mit Greeny vom Camp Hautoreille nach Le Paroy gefahren sind:
zum nächsten Tag...
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