Inhaltsverzeichnis
Frankreich 2023
Tag 1 Kiel - Bad Pyrmont
Tag 2 Bad Pyrmont - Dausenau
Tag 3 Dausenau - Wingen-s/Moder
Tag 4 Wingen - Camp Hautoreille
Tag 5 Jokertag im Camp Hautoreille
Tag 6 Parc Morvan, Camp Le Paroy
Tage 7/8 Jokertage im Camp
Tag 9 In die Auvergne
Tage 10/11 Auvergne-Tarnschlucht
Tag 12 Zur Quelle des Tarn
Tag 13 Gorges du Tarn bis Ambialet
Tag 14 Tarn bis Moissac
Tag 15 Moissac - Périgord
Tag 16 Jumilhac-le-Grand
Tag 17 Am Canal de Berry
Tag 18 Nevers - Accolay
Tag 19 Tonnerre - Froncles
Tag 20-23 Heimreise
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Nach Moissac

Die neue Isomatte ist ausgezeichnet. Sie wäre sogar noch ausgezeichneter, wenn sie nicht zu kurz und zu schmal für mich wäre und nicht ständig ein Körperteil von der Matte fiele, was bei einer so dicken Matratze unangenehm ist. Abgesehen davon ein guter Kauf.

Motorradtour nach Frankreich

Nach einer schlecht geschlafenen Nacht sitze ich unausgeruht im Zelt und gieße mir just den ersten Becher Krümelkaffee auf, als die Campchefin über die Wiese auf uns zu kommt. Sie balanciert eine Tasse Kaffee in der Hand: „Here is one good coffee. That's bad coffee you have“, sagt sie und überreicht mir eine Porzellantasse mit dampfend heißem Kaffee.

Die Frau ist Engländerin. Die machen sowas. Der einzige andere Kaffee, der Pieps und mir einmal ans Zelt gebracht wurde, war ein Tee. Ebenfalls aus der Hand einer Britin. Das war in Nordirland am Giant's Causweway. Es hatte so stark geregnet, dass unser Zelt die letzte trockene Insel inmitten einer überschwemmten Wiese war. Damals wie heute rührt mich die liebe Geste. Die Irlandreise wird dennoch als grässlichste Reise von allen in meiner Erinnerung bleiben. Wir haben mehr Wasser abbekommen als die $§%&% Titanic.

Während Pieps sich über das Croissant hermacht, komme ich mit der Frau ins Gespräch. Sie weiß einiges zu erzählen über die verschiedenen Typen von Campern und ich merke, dass ihre liebsten Gäste nicht unbedingt die in den teuren Wohnmobilen sind.

Von denen gab es einige miese Bewertungen, weil der Fernsehempfang im Camp schlecht war. Hohe Bäume schirmen die Sicht zum Satelitten ab. Letztlich wurde die komplette Reihe alter Bäume gefällt. Hauptsache, die Kochshow, das Glücksrad und Dschungelcamp laufen. Das bestätigt mein Bild, das ich von dieser Kategorie der „Abenteurer" habe.

Dafür werden im Camp La Mise A L'eau Zeltcamper nicht wie hässliche Verwandte der weißen Ware behandelt. Die besten Plätze unmittelbar am Ufer des Tarn sind sogar den Zelten vorbehalten: „I know it's a lifestyle and comes from a decision not from poorness“, sagt die Campchefin. Ich bin entzückt und notiere den Satz in meinem Moleskine. Den werde ich später im Reisebericht verwenden. Vielleicht lasse ich ihn übersetzen und tue so, als sei er mir selbst eingefallen.

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Bevor wir aufbrechen, werfe ich die Therm-a-Rest Trail Pro in den großen Müllcontainer des Camps. Der Rücktransport, um zuhause den Garantie­anspruch anzumelden, ist mir zu aufwendig. Zwei Matten passen nicht in mein Packkonzept. Ich bin dennoch ziemlich sauer, gerade weil die neue Matte zu klein ist und ich sie nach der Reise nicht mehr benutzen werde.

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Als alles gepackt ist, brechen wir in Ambialet auf. Heute geht es am Fluss entlang bis Moissac, wo der Tarn 380 Kilometern nach seiner Quelle in die Garonne mündet, die widerum bei Bordeaux, mit der Dordogne vereinigt in den Atlantik mündet.

Motorradtour nach Frankreich

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In Rabastens halte ich auf der Brücke über den Tarn. Der Fluss ist hier schon merklich breiter als in Saint-Enimie. Von Rabastens sind es noch etwa 75 km bis zur Mündung.

Zehn Kilometer weiter bleibe ich in Buzet-sur-Tarn erneut auf einer Brücke stehen. Der Tarn wälzt sich gelb und schlammig dahin. Kurz zuvor ist das Wasser des Agout als Nebenfluss dazu gekommen. Vielleicht hat der die schlammige Brühe in den Tarn getragen? Man weiß es nicht.

Motorradtour nach Frankreich

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In Montaubaun, der letzten großen Stadt vor unserem Ziel, fällt mir unter dem Ortsschild eine gelbe Tafel auf, Village Fleuri, dazu drei rote Blüten. Was hat es damit auf sich?

Die drei Blüten sind eine Auszeichnung des Conseil national des villes et villages fleuris, des Nationalen Komitees zur Beblumung Frankreichs. Eine weitere touristische Kategorie französischer Orte. Die höchstmögliche Auszeichnung, die vergeben werden kann sind übrigens vier Blüten.

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„Beblumung", das muss einem erstmal einfallen, denke ich, als ich bei E.Leclerc zum Einkaufen halte. Der Hypermarché ist so riesig, dass es im Grunde Unsinn ist, so lange Gänge entlangzustiefeln, bloß um etwas Käse, ein Baguette, eine halbe Flasche Bordeaux und diese beiden wunderbar fetten Stielkoteletts zu kaufen. Andererseits …

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Kurz bevor wir das Camp in Moissac erreichen, entdecke ich eine schöne Aussicht auf den Fluss. Zwei Brücken liegen dort dicht beieinander, eine stählerne Eisenbahnbrücke und daneben die 350 m lange Kanal­brücke, wo der Canal latéral à la Garonne den Tarn überquert.

Das Camp Le Moulin de Bidounet liegt noch im Mittagsschlaf, als ich mit der Enduro auf den Parkplatz vor der Rezeption rolle. Es ist schwülwarm und schwitzig heiß. Ich gehe zum Eingang und warte. In zwanzig Minuten sollen sie wieder öffnen.

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Ein Wohnmobil rollt auf den Platz, ein Rechtslenker mit britischen Kenn­zeichen. Eine Frau um die Fünfzig steigt aus und rüttelt energisch an der Tür der Rezeption. „They'll open in another twenty minutes“, klugshice ich und dränge ihr einen Smalltalk auf: „Where're you from?“

Sie kommt aus York in North Yorkshire. „I've been there!“, stelle ich aufge­regt fest. Unsere große Reise 2011. Greeny war fast neu, Pieps noch ein Baby und ich erst süße Neunundvierzig. An jenem Tag sind wir von York zum berühmten Hardknott Pass gefahren. Welch ein Abenteuer!

Sie und ihr Mann sind seit drei Monaten im Wohnmobil unterwegs. Wir unterhalten uns über dies und das und kommen schließlich auf die Länge der Tagesetappen zu sprechen. Wie viele Kilometer pro Tag? Ohne zu zögern antwortet sie: „A hundred Miles a Day. Not more!“

Ein weiterer Satz, den ich in meinem Reisebericht verwenden werde, denn auch mir erscheinen inzwischen Tagesetappen von deutlich unter 200 km erstrebenswert und sinnvoll, damit es nicht wieder heißt: „Viel gefahren, wenig gesehen, nix erlebt.“

Inzwischen hat die Rezeption geöffnet. Ich gehe hinein und melde uns an. Es ist einer jener Campingplätze, wo einem der Stellplatz bei der Anmeldung fest zugewiesen wird. Ich liebe das nicht.

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Camp Moulin de Bidounet liegt auf einer Insel im Tarn. Es heißt Le Moulin, weil eine alte Wassermühle über einem Seitenarm des Tarn steht. Um ins Camp zu kommen, muss man durch die Mühle hindurch über eine Brücke fahren. Für große Wohnwagengespanne ist das sicher aufregend.

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Auf dem Motorrad ist es keine Herausforderung, dafür genieße ich den irren Sound, aka Lärm, des Arrow Titanauspuffs. Die Anlage hat eine ABE und kommt so über den TÜV, aber ein wenig schäme ich mich trotzdem. Andererseits ist hier Ausland, da kennt uns keiner, und Motos haben in Frankreich ohnehin weitgehende Narrenfreiheit.

Der Stellplatz, den sie uns zugewiesen haben liegt neben dem Klohaus, der Untergrund mehr Dreck als Gras. Doch zumindest haben wir Schatten, was in Südfrankreich mitunter mehr wert ist als die malerische Aussicht.

Ich kippe den Inhalt des Zeltsacks ins Gras und halte mich fest an dem Gedanken, dass aus dem nassen Bündel in wenigen Minuten ein gemütliches und trockenes Zuhause werden wird. Man braucht allerdings ein wenig Fantasie, um das zu glauben.

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Heute ist der Tag, an dem wir mal wieder duschen werden und allein der Gedanke daran beunruhigt mich. „Du hast sicher Angst, dass eure Sachen geklaut werden, während du unter der Dusche stehst, oder?!“

„Blödsinn! Ich bin beunruhigt, weil Pieps heute dran ist mit Haarewaschen. Und das wird nicht lustig, kann ich dir sagen.“

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Mit nassen Haaren und Wasser im Ohr, aber blitzeblank wie zwei rosa Schweinchen, sitzen Pieps und ich kurz darauf bei einem kleinen Imbiss. Der Roquefort ist so wunderbar blau verschimmelt, dass die blöde Dusche und das Ohren­wasser im Nu vergessen sind.

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Zur selben Zeit schlägt auf der anderen Seite der Hecke eine junge Familie ihr Lager auf, Mutter, Vater, zwei Kinder, alle in bester Stimmung. Die Worte und Sätze fliegen hin und her, während sie ihr Zelt aufschlagen. Ich verstehe allerdings kein Wort. Welche Sprache ist das?

Dann erkenne ich einzelne Worte. Es ist eine Unterart von Deutsch, ein komplizierter Dialekt und schwer zu deuten, aber ich erkenne ein Muster: Der Buchstaben „N" wird weggelassen oder durch ein „D" ersetzt. Das „W" wird durch ein „M" ersetzt. „Mir fahred esse“, bedeutet „Wir fahren zum essen.“ Das „S" wird, nach einer Gesetz­mäßigkeit, die ich noch nicht erkenne, durch ein „Sch" ersetzt. „Isch gloi ferdisch.“, „Ist gleich fertig.“

Mein Gott, jetzt hab ich's. Im Grunde ganz einfach, wenn man es einmal kapiert hat. Ich höre aufmerksam zu und versuche simultan zu übersetzen.

„Kann i a no a bissle Käs?“
„Pieps, lass den Unsinn!“

Kinder schnappen jeden Blödsinn auf, umso mehr, wenn sie merken, wie sehr sie einem damit auf die Nerven gehen können, und Pieps ist eine Meisterin ihres Fachs.

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Camp Moulin de Bidounet ist ansonsten ein Geheimtipp. Die Lage auf der Insel im Tarn ist einzigartig und es gibt eine ganze Reihe von Stellplätzen mit Blick aufs Wasser. Nicht jeder wird hinters Klohaus gesetzt.

Der Blick über den Fluss hinüber nach Moissac auf das Drei-Sterne-Hotel Le Moulin De Moissac ist malerisch anzusehen. Von hier lässt sich Moissac besuchen, aber auch die Mündung des Tarn in die Garonne. Aber die sehen wir uns morgen an, wenn wir weiterfahren in die Dordogne.

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Fazit zum Tarn

Im Grunde lohnt sich der zweite Abschnitt des Tarn von Millau bis Moissac nicht mehr so recht, wenn man zuvor durch die wunderbare Tarnschlucht gefahren ist. Mein Tipp: In Moissac beginnen, den Tarn flussaufwärts fahren und sich ab Millau daran ergötzen, wie jeder Kilometer immer schöner und schöner wird. So werde ich künftig alle meine Flussreisen machen, von der Mündung zur Quelle, nicht umgekehrt.

zum nächsten Tag...

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Svenja Svendura EndurowandernMade by Svenja Svendura on Apple iMac with Panic Coda and Photoshop Elements.