Rund um den Ringkøbing Fjord
Ganz sanft komme ich aus dem Tiefschlaf an die Oberfäche. Ich habe super geschlafen, aber jetzt wird mir eindeutig zu heiß. Die Sonne scheint strahlend hell und es ist brutig warm im Zelt.
Meine Güte, schon halb neun. Jetzt aber los ins Waschhaus und auf dem Rückweg gleich die beiden Mohnbrötchen abholen, die ich gestern beim Einchecken bestellt habe. Die Frau in der Rezeption weiß sofort wer ich bin und reicht mit einem freundlichen Guten Morgen eine kleine braune Brötchentüte über den Tresen.
Dazu bekomme ich noch eine kostenlose Landkarte der Umgebung, in die sie mit Kugelschreiber ein Kreuz zeichnet, das den Campingplatz markiert. "Du er her." fügt sie erklärend hinzu. Ich bedanke mich und gehe zurück zum Zelt, um zu frühstücken. Ich hänge den Schlafsack in die Sonne und setze mich mit der Isomatte ins Gras. Die dänischen Brötchen schmecken echt klasse. Ich mag sie sogar lieber als unsere zuhause.
Welch ein herrliches Wetter. Ich hätte nicht gedacht, dass Dänemark im April schon so warm sein kann. Keine Wolke am strahlend blauen Himmel und sicher bekommen wir später 20°. Heute möchte ich eine Rundtour um den Ringkøbing Fjord fahren. Das sind ungefähr 100 km. Vom Camp aus fahre ich auf der schmalen Asphaltstraße weiter ins Vogelschutzgebiet hinein.
Nach wenigen Kilometern erreiche ich Bork Havn, ein Fischerdorf mit einem malerischen kleinen Hafen, der an diesem Morgen gerade erwacht.
Ein rostiger, alter Bagger steht auf einer Schute im Hafenbecken und baggert emsig die Hafenzufahrt frei. Ich sehe, dass es höchste Zeit wird, denn die Schaufel verschwindet keinen Meter tief im Wasser, bevor sie mit pechschwarzem Schlamm beladen triefend wieder an die Oberfläche kommt.
An den Booten bereiten Fischer ihre Ausrüstung vor. Sie stapeln blaue Fischkisten mit der Aufschrift Dansk Fisk übereinander und legen auch andere Gegenstände bereit, die ich aber nicht zuordnen kann.
Als um 11 Uhr der Hafenkiosk öffnet, hole ich mir für 10 Kronen einen Becher Kaffee, der gerade frisch durchgelaufen ist. Der Kaffee in Dänemark schmeckt wirklich total lecker. Guter Filterkaffee ohne irgendwelche Gimmicks, wie Latte, Moccacino, oder anderen Modekram, den ich bis heute nicht begriffen habe. Einfach Kaffee eben.
Während ich draußen unter dem großen Sonnenschirm mit der Aufschrift Premier Is sitze und meinen Kaffee schlürfe, kommt ein alter Mann mit Hund und verschwindet im Kiosk. Der Hund wartet geduldig, bis sein Herr nach wenigen Augenblicken mit einer eiskalten Flasche Faxe wieder herauskommt. Er setzt sich in die Sonne und trinkt sein Bier. Die Flasche ist total beschlagen und nach einer Weile rinnen dicke Wassertropfen außen runter und hinterlassen eine Spur. Ich bekomme Durst. Das kriegt die Bierwerbung im Kino nicht besser hin.
Erst am Mittag fahre ich weiter, halte aber noch im Ort bei SPAR an, um mir auch so ein Bier zu kaufen, auch wenn ich es erst abends am Zelt trinken kann. Werbung wirkt eben doch. Im Supermarkt entscheide ich mich allerdings für ein Tuborg Super Light, das nur 17 kcal mehr als Mineralwasser hat.
Von Bork Havn aus fahre ich entgegen dem Uhrzeigersinn weiter um den Ringkøbing Fjord. Am schilfigen Ufer wird Rohr geschnitten, zu großen Bündeln
Reet gebunden und zum Trocknen in die Sonne gelegt. Damit werden später einmal die teuren Reetdachhäuser auf Sylt und anderswo eingedeckt.
Kurz darauf komme ich durch ein großes Naturreservat und Vogelschutzgebiet. Überall stehen Leute herum und glotzen durch ihre Ferngläser irgendwelche Vögel an. Wenn die wüssten, was Svenduras Definition von Naturschutzgebiet ist:
Naturschutzgebiet, das. (n), (Abk. NSG): Hammergeiles Offroad Gelände, in dem man super Enduro fahren könnte, aber leider nicht darf. Mist.
Schade, dass ich hier keine Runde drehen darf. Entäuscht, aber dafür umso entschlossener düse ich weiter und spiele wenigstens einmal La Cucaracha auf meiner Hupe. Hui, jetzt kommt aber Bewegung in die Vogelkolonie. Die Baumstreichler sind total aufgeregt und einige winken sogar zu mir rüber. Jetzt bloß die Karre nicht abwürgen.
Mein nächster Halt ist Ringkøbing. Der Weg zum Hafen führt mich durch eine hochmoderne Automeile, wie ich sie in Deutschland noch nicht gesehen habe. Gerade als ich das Gefühl bekomme, mich verfahren zu haben, erreiche ich den Hafen, den ich aber weniger interessant finde, als den in Bork Havn. Alles ist frisch renoviert, es gibt viele neue Häuser und dazu ein Parkleitsystem zu den Großparkplätzen Nord und Süd.
Ich halte mich nicht lange in Ringkøbing auf. Aus dem Grillimbiss am Hafen riecht es so verführerisch nach heißem Fett, dass ich Hunger bekomme und mir die Entrecotes einfallen, die im Camp auf mich warten. Ohne weitere Verzögerung mache ich mich auf dem schmalen Küstenstreifen zwischen Fjord und Nordsee auf den Weg zurück zum Zelt.
Der Rückweg ist grottenlangweilig und kommt mir heute endlos vor. Vielleicht habe ich aber auch nur Hunger. Kilometer um Kilometer geht es stur geradeaus mit 94 km/h. Mehr als einmal werde ich recht zügig von Dänen überholt. Was ist bloß aus den guten alten 80 km/h geworden, die hier früher so penibel eingehalten wurden?
Den Nachmittag verbringe ich sonnend und lesend am Zelt. Aber zuerst werfe ich den Kocher an, gieße etwas Biskin in die Titanpfanne und brate die Steaks, die ich in Varde gekauft habe. Die sind fast noch leckerer, als das Fleisch, das ich von Zuhause mitgebracht habe. Das Schild auf der Verpackung nennt als Herkunftsort
Tyskland. Keine Ahnung, wo das genau liegt, aber es müsste irgendwo in der Nähe von Odense sein. Auf jeden Fall machen die dort erstklassiges Fleisch.
weiter zu Tag 3
zurück nach oben