Jütlands Ostküste
Diese selbstfüllenden Isomatten, die Therm-a-Rest in den frühen 1970ern erfunden hat, sind wirklich jeden Cent wert. Dabei musste Claudia mich fast zwingen, eine davon zu kaufen. Vorher habe ich auf meine 12 mm Evazote Matte geschworen. Die wiegt bloß halb soviel und kann nicht kaputt gehen, aber nach 12 Stunden wäre ich nicht so erholt aus dem Zelt gekrabbelt.
Die melancholische Stimmung von Auflösung und Abschied passt gut zu meiner Gemütsverfassung heute Morgen. Dänemark ist gut für die Seele, aber jetzt möchte ich nach Hause, mich in meinem Zimmer vergraben, im Ohrensessel sitzen, Tee trinken und grübeln.
Von Skiveren Camping fahre ich hinüber nach Frederikshavn. Den Weg nach Hause möchte ich an der Ostseeküste runterfahren. Diesen Teil von Dänemark kenne ich noch nicht.
Die junge Frau hinterm Counter heißt Sabrina, jedenfalls steht das auf ihrem Namensschild. Hier oben ganz im Norden Dänemarks ist es nicht mehr so selbstverständlich, dass jeder Deutsch spricht, aber mit Englisch kommt man immer weiter. Ich bestelle zwei Croissants und eine Bratwurst mit Speck.
"You want a hotdog?"
"No. Just the sausage, please."
Sabrina lacht und legt die knusprige Bratwurst auf ein Papptablett. Den Kaffee ziehe ich aus dem Automaten und muss schmunzeln: Selbst nach all diesen Jahren schreiben die Smørrebrøds Kaffee noch immer beharrlich falsch: Kaffe. Ich überlege ernsthaft, ob ich mal was sagen soll, aber ich möchte auch nicht als deutscher Besserwisser erscheinen und lasse es für heute gut sein.
Nach dem Essen fahre ich in die Stadt hinein. Frederikshavn ist eine Hafenstadt von etwa 23.000 Einwohnern und ich bin überrascht von dem dichten Autoverkehr am Montagmorgen. Es sind vermutlich die großen Fährschiffe von Göteborg, Oslo und Læsø, die für die vielen Autos und LKW im Stadtgebiet um den Hafen herum sorgen.
Nein, besonders schön ist es in Frederikshavn nicht, aber die guten Fährverbindungen nach Skandinavien sind genial. Ich fahre aus der Stadt hinaus und folge der Küstenstraße nach Süden. In dem kleinen Ort Hals komme ich an den östlichen Ausläufer des Limfjord. Eine Fähre überquert den Fjord nach Egense, eine Brücke gibt es erst 30 km westlich in Aalborg.
Die Straße endet am Wasser vor einer Schranke. Die kleine Fähre liegt gegenüber in Egense. Sein Ticket muss man am Billetautomat selbst ziehen, so wie bei uns ein Parkticket, aber der Automat funktioniert nicht richtig. Immer wenn ich auf Deutsch umstelle, stürzt das Programm ab. Vermutlich ein Windows System.
"Na, dann komm du man", sagt der Däne gemütlich. Im Gegensatz zu mir spricht er ein ausgezeichnetes Deutsch und ich komme mir ein bisschen doof vor.
Ich hole das Motorrad und parke am Bug mit dem Vorderrad dicht an der Schranke. Das war völlig unnötig, denn der Kapitän wartet keine Minute, bevor er die hintere Schranke schließt und wir ablegen auf den Limfjord. Sonderfahrt für Greeny, Pieps und Svenja. Im gemütlichen Dänemark ist auch das möglich. Ich liebe es, hier zu sein.
Am Kai liegen zwei merkwürdig aussehende Schiffe im Päckchen, die Rümpfe schwarz getüncht, die Aufbauten beige. Das sind weder Fähren noch Fischkutter, denke ich und der Form nach sind die beiden Kähne schon ziemlich betagt. DANBJØRN steht an der Bordwand des Einen.
Tatsächlich sind DANBØRN und ISBJØRN die letzten beiden Eisbrecher der Royal Danish Navy, aber schon seit 20 Jahren friert der Fjord nicht mehr zu. Es gibt einfach kein Eis mehr, das gebrochen werden muss. Nun liegen die Beiden ausgemustert im Hafen von Hals und warten auf einen Käufer.
In Hadsund halte ich bei Superbrugsen und besorge ein paar Koteletts zum Abendessen. Für mich eine halbe Flasche Wein und für Pieps einen von den leckeren Toms Guld Barre.
Im Midpunkt Grillen Hadsund trinke ich noch einen Becher Kaffee zum Aufwärmen, bevor wir weiterfahren. Die Ostküste Dänemarks ist weit weniger sehenswert, als die Nordseeküste, aber das war in Schottland ebenso und ist im Grunde keine Überraschung.
Mit dem Motorrad fahre ich langsam über das langgestreckte Gelände bis ans Ende, wo es einen Flecken Gras für Zeltcamper gibt. Der Rest des Platzes wirkt wie eine gewaltige Campingmaschine für Dauercamper, aber mir fehlt die Energie, um jetzt noch den Platz zu wechseln.
Sorgfältig sammele ich sämtliche Kienäpfel von dem Platz, bevor ich das Zelt aufstelle. Der Aufwand lohnt sich, denn ein einziger Kiefernzapfen unter dem Zeltboden kann die gesamte Nacht ruinieren.
Skiveren Camping, von dem ich mir überhaupt nichts versprochen hatte, war ganz wunderbar und hier in Ebeltoft ist es vice versa. Der Platz liegt eingezwängt zwischen dem Strand und der Straße. Es ist laut.
Macht nichts, denke ich am Boden der kleinen Flasche Rotwein und rolle mich mit Pieps zusammen im Schlafsack ein. Morgen früh sehe ich mir Ebeltoft an und dann fahre ich allmählich Richtung Heimat. Es wird Zeit, dass ich wieder nach Hause komme.
zum nächsten Tag...
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Das war ein ungewöhnlich trüber Tag. Mit dem Wetter hat sich auch meine Stimmung bezogen und ich möchte allmählich nach Hause. Der September geht bald zu Ende und meine Reise tut das auch.