Inhaltsverzeichnis
Tag 1: Kiel - Müritz
Tag 2: Gryfino - Schulzewerder
Tag 3: Insel Schulzewerder
Tag 4: Czarne - Brusy - Camp Lipa
Tag 5: Malbork - Olsztyn
Tag 6: Dywity - Mikołajki
Tag 7: Mikołajki - Ełk - Kloster Wigry
Tag 8: Wigry - Goldap - Seeblick
Tag 9: Jeziorany - Elblag - Camp 69
Tag 10: Weichsel - Schulzewerder
Tag 11+12: Heimreise und Fazit
Platzhalter Motorradreise Polen Masuren
Platzhalter Motorradreise Masuren Polen
Platzhalter camp internos
Platzhalter Tagesabrechnung


Heute Ruhetag

In der Nacht schütten solche Wasser­massen aufs Zelt, dass ich davon wach werde. Die Matschwege werden morgen nahezu unpas­sier­bar sein und bei dem Gedanken, in die nassen Motorrad­sachen zu steigen, vergeht mir jede Lust am Weiter­fahren. Nein, ich werde einen Ruhetag einlegen und mir abends ein gutes Essen hinstellen lassen.

Svenja am Zelt

Als ich am Morgen die Augen aufschlage und mich umsehe, liege ich auf einer Insel. Das Wasser ist über Nacht den Hang herunter und zwischen Zeltboden und Groundsheet durch­geflossen. Soviel Wasser hatte ich bisher nur in Nordirland. Nun ist meine Isomatte die einzige trockene Stelle, eine Insel von 26 mm Höhe.

Dafür habe ich elf Stunden geschlafen und die Zerschlagenheit von gestern ist verflogen. Ich ziehe ein trockenes Outfit an und hänge die nassen Sachen zum Trocknen auf die Leine, bevor ich für längere Zeit im Waschhaus verschwinde. Auch Pieps kann dringend eine Wäsche vertragen.

Das nasse Handtuch hänge ich über die Leine und gehe hinüber zum Restaurant. Vielleicht kann ich da einen Kaffee ergattern. Eine junge Frau ist emsig damit beschäftigt, die Gast­stube sauberzumachen. Sie wischt und fegt voller Hingabe und bemerkt mich zuerst gar nicht, bis ich Dzień dobry sage, Guten Tag. Damit endet mein Polnisch bereits, aber mit Händen und Füßen, einem verlegenen Lächeln und etwas Deutsch und Englisch, gelingt es mir, Kaffee zu bestellen.

Zufrieden mit mir und der Welt sitze ich vor meinem Kaffee, während die junge Frau weiter ihrer Arbeit nachgeht. Wir stören uns beide nicht aneinander und ich bestelle noch zwei weitere Tassen, bis ich endlich in den Tag starte.

Brotzeit

Mit dem Speck und den Debreczinern setze ich mich an einen überdachten Picknicktisch und säbele mir ein Frühstück ab. Meine Güte, wenn ich daran denke, dass Claudia am liebsten Marmeladenbrötchen frühstückt, dann ist es kein Wunder, dass wir uns so gut verstehen, denn wir kommen uns beim Essen nie in die Quere.

Nach dem Essen spaziere ich eine Weile über die Insel Schulzewerder, den polnischen Namen habe ich nicht erfahren und ich hätte ihn mir ohnehin nicht merken können. Ich gehe zum Fähranleger und schaue zu, wie die letzten Wohnwagengespanne die Insel verlassen. Heute ist der 1. September und die Campingsaison ist vorüber.

Wohnwagen Fähre Campinginsel Schulzewerder

Den Rest des Vormittags verbringe ich damit, mich um die Enduro zu kümmern. Der Ölstand stimmt, die Speichen sind ok, der Lenker ist nur noch ein bisschen schief, die Ketten­spannung ist in Ordnung, aber sie muss dringend geschmiert werden. Das Dreck­wasser hat die Kette ganz schön ausgelaugt.

Mittags lege ich mich wieder ins Zelt, das durch den Wind inzwischen abgetrocknet ist, und lese in meinem Kindle. Das war wirklich eine geniale Idee, mir ein Kindle zuzulegen. Auf diese Weise habe ich für 170 g alle meine Bücher bei mir und kann unterwegs jederzeit neue kaufen. Der Akku hält 3 Wochen und ich habe nicht einmal das Ladegerät mitgenommen, was weitere 80 g einspart.

Oh, ich muss wohl eingeschlafen sein, das Kindle liegt noch auf meinem Bauch, aber mir fehlt eine Stunde. Ich ziehe die Fleecejacke über und gehe hinüber ins Restaurant, wo Michi Moser hinterm Tresen damit beschäftigt ist, Flaschen einzuräumen.

Wir trinken gemeinsam Kaffee und unterhalten uns. Ich erfahre, dass die Polen derzeit sehr angespannt sind wegen der Ukraine Krise und dass 10.000 Mann Militär an die Grenze verlegt werden. Auf den Hauptstrecken sieht man endlose Militärkonvois in Richtung Grenze fahren, die ich nur deshalb nicht bemerkt habe, weil ich über den Übungsplatz gefahren bin.

Mit Erschrecken sehe ich, dass es wieder zu regenen begonnen hat und lasse Michi mitten im Satz stehen. Ich muss meine Klamotten von der Leine holen, sonst komme ich hier nie trocken weg.

Glück gehabt, die Sachen sind trocken und ich rette sie rechtzeitig ins Zelt. Hoffentlich ist es morgen schöner, heute sieht es nicht mehr nach Sonnenschein aus.

Den Nachmittag verbringen Pieps und ich im Zelt mit Lesen, Schlafen, Tagebuch schreiben und langweilen. Ich hasse diese Ruhetage, sie sind so sinnlos, wenn es nicht weitergeht und es nichts zu Erleben gibt, aber in den nassen Sachen hätte ich nicht weiterfahren wollen. Aber morgen starten wir und wenn es junge Hunde regnet, sonst schimmele ich hier fest.

Am frühen Abend gehe ich hinüber ins Restaurant und bestelle mir ein Wiener Schnitzel, das sich als das Beste herausstellt, das ich bisher gegessen habe. Kein Wunder, schließlich ist der Wirt Österreicher und weiß, dass man die nicht braten, sondern in heißem Fett knusprig ausbacken muss. Meine Güte, hier könnte ich einziehen, der schöne Platz, das gute Essen, ein toller Ort zum Campen.

Schnitzel essen

Morgen fahre ich weiter und dann geht es durch die Kaschubei, bevor ich übermorgen nach Masuren komme. Ich bin schon jetzt gespannt, denn unter beidem kann ich mir noch immer nichts vorstellen, auch wenn ich zu Hause fließig Reiseführer gewälzt habe. Nun, in ein paar Tagen bin ich schlauer...

zum nächsten Tag...

zurück nach oben

Ich hoffe, dass dies der einzige Ruhetag der Reise wird, denn mehr verkrafte ich nicht. Solche Tage sind öde und langweilig, aber morgen geht es ja endlich weiter.












Svenja Svendura EndurowandernMade by Svenja Svendura on Apple iMac with Panic Coda and Photoshop Elements.