Neulich bei den Hobbits
Der Vänern liegt ruhig in der Morgensonne. Pieps und ich sitzen draußen vor der Hütte bei Kaffee und Kex. Den gelben Riegel aus Keks und Schokolade gibt es in jedem Supermarkt und an jeder Tanke. Kex ist nicht nur ein Markenname sondern auch das schwedische Wort für Keks. Von jeder Schwedenreise bringe ich einen Vorrat davon mit nach Hause.
In einer Hütte liegen alle Dinge irgendwo. Weil jede Hütte anders ist, landen sie an den ungewöhnlichsten Orten und beim Packen vergisst man leicht etwas. Wer hat die Sonnenbrille in die Spüle gelegt? Nicht, dass wir sie jemals brauchen würden, aber: „Pieps, kommst du mal bitte?!“
Dafür kann man in der Hütte in epischer Ruhe zusammenpacken. Die Sachen sind trocken und niemand regnet einem in den Nacken. Erst wenn alles perfekt verstaut ist und die Regenkombi faltenfrei sitzt, tritt man mit elegantem Sidestep raus in den Regen. Aber nicht heute. Es ist trocken.
Was in Frankreich keine Schwierigkeit wäre, gerät in Schweden mitunter zu einer echten Challenge. Allerdings habe ich vorgesorgt und schon bei der Planung ein Café in die Route eingebaut.
„Du bist manchmal ein kleiner Pesto, mein Schatz.“
„Bin ich gaah nich. Pöh “
Hinter Skara geht es auf der Landstraße 184 weiter. Hier wird gebaut und ich folge einem Lotsenfahrzeug kilometerlang durch die Baustelle. Heute bleibe ich brav dahinter. In Norwegen habe ich mal eines überholt, weil der so langsam war und es gab gleich einen riesen Aufstand. Die Skandinavier sind ziemlich eigen, was ihre Baustellen angeht.
Sauce Bernaise ist in Skandinavien äußerst beliebt. Wo es bei uns nur diese 200 ml Pappschachteln von Thomy und Konsorten gibt, haben sie hier eine große Auswahl an Marken und Größen. Der Becher Bernaise, den ich für uns aussuche, hat genug Kalorien, um damit eine vierköpfige Familie gut über den Winter zu bringen.
Zum ersten Mal habe ich keinen festen Übernachtungsplatz vorgeplant, aber in Ulricehamn gibt es drei Campingplätze und einer wird sicher gut sein. Der erste liegt im Schatten eines Hochhauses unmittelbar neben der Autobahn. Ich kann nicht glauben, dass Menschen hier freiwillig campen.
Der zweite ist ebenfalls eine Pleite, ein verlassener Wohnmobilplatz neben einem Hotel. Es regnet in einem fort und plötzlich weiß ich zu schätzen, dass ich sonst haarklein plane, wo ich übernachten werde. Das Umherstochern im Regen auf der Suche nach einem Camp ist überflüssig und macht keinen Spaß.
Meine Hoffnung liegt auf Skotteks Gården, dem dritten Platz etwas südlich von Ulricehamn. Ich parke das Motorrad vor der Rezeption. Geschlossen. Es gibt einen Rufknopf und kurz nach dem Klingeln quäkt eine Stimme aus dem Lautsprecher neben der Tür: „Jä?!“
„Hello there. I would like to stay for camping. I'm at the reception", füge ich unnötigerweise dazu. Vermutlich weiß der Betreiber wo sich seine Sprechanlage befindet.
Er will sich gleich auf den Weg machen. Wir warten.
„Hier warn wir schomma, näh?!“
„Nein, Mäuschen. Hier waren wir noch nie.“
„Wohl! Mit Onkel Volker, als ich noch klein war.“
„Du bist noch immer klein, mein Liebling.“
„Bin ich gaah nicht. Pöh “
Ich miete uns ein Schlaffass. In so einem wollten wir schon immer mal übernachten. Ich bezahle 590 Kronen, etwa 55 Euro, und bekomme den Schlüssel für Fass Nr. 8.
Unser Fass sieht aus wie eine Hobbithöhle, aber man muss kein Beutlin sein, um sich darin wohlzufühlen. Hinter Spitzengardinen liegt auf einer Empore das Doppelbett. Aus einem Spalt darunter lässt sich ein langer Tisch hervorziehen und entlang der Seiten gibt es zwei Bänke mit Kuschelkissen. Dazu eine starke Infrarot Heizung, die den Raum im Nu mollig warm macht.
Das Entrecôte ist ausgezeichnet. Selten sah man zwei schöner geformte Fettaugen und Sauce Bernaise ist ein perfekter Passer dazu. Meine Güte, geht es uns gut. Steaks essen, Bier trinken, lesen, es gemütlich haben.
Atemlos komme ich zurück in die Hobbithöhle:
„Pieps, du hattest Recht. Wir waren doch schon mal hier.“
„Ich weiß“, und porkelt weiter mit dem Finger in der Bernaise.
„Hmpff “
„Bis morgen, liebe Welt. Pieps und ich gehen jetzt schlafen.“
zum nächsten Tag...
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