Heimreise und Fazit
Aus Angst, etwas zu verpassen, sehen wir uns den Sonnenaufgang vom Landedeck an. Haben wir Angst, den Hafen zu verpassen? Quatsch! Kiel ist Endstation, da müssen sowieso alle von Bord. Nein, wir wollen den knusprigen Speck nicht verpassen, Rührei, gute Butter und heißen Kaffee. Ist alles längst bezahlt. Wir haben nämlich das große Frühstücksbuffet gebucht.
Während wir schlafen und die riesige STENA-Germanica ihre Bahn über die nächtliche Ostsee zieht, ist eine Armee dienstbarer Geister damit beschäftigt, sämtliche Spuren zu beseitigen. Besonders unsere. Das mit dem Kjötbullar, der in Sauce über den Teppich gerollt ist, tut uns leid. Es war wirklich ein Versehen.
Um Punkt sieben Uhr, nicht eine Sekunden früher, nimmt ein Uniformierter die weinrote Absperrkordel beiseite. In Haltung und Uniform steht er einem Konteradmiral in nichts nach. Ich nicke ihm respektvoll zu, während Pieps und ich in einem Schwarm Lebensälterer zum Buffet eilen. Gerade noch langsam genug, um einen Rest Würde zu bewahren, aber doch schnell genug, um nicht als Letzte bei den Fleischtöpfen anzukommen.
Wir Älteren sind morgens immer die Ersten. Die Jungen schlafen zu lange, machen Yoga, drehen sich die Haare ein, glotzen auf ihr Smartphone, oder was immer junge Menschen morgens tun, aber wir sind dafür live dabei, wenn der Koch die Haube vom Speck und den Eiern nimmt. Mit zunehmendem Alter lernt man, worauf es im Leben wirklich ankommt.
Wie auf ein geheimes Signal kommt Unruhe in den Schwarm der Gäste. So muss es sein, kurz bevor sich tausend Wildgänse gemeinsam in die Luft erheben. Da ertönt auch kein Signal, keine Klingel und doch wissen alle genau, wann es Zeit wird sich zu erheben.
Im Nu leeren sich die Tische und man eilt zu den Kabinen, um das Gepäck zu holen. Ich brauche nur die Jacke anzuziehen und den Tankrucksack zu greifen. Ein letzter Blick, ob wir nichts vergessen haben, und schon sind wir auf dem Weg nach unten zum Fahrzeugdeck.
Ich setze den Tankrucksack auf die Honda und befreie sie von den Gurten. Um uns herum machen alle ihre Maschinen klar. Es wird noch eine Weile dauern, bis sich hier etwas bewegt. Zwanzig Minuten minimum.
Der Schwedenkai empfängt uns mit dem typischen Kieler Wetter, wolkig, windig und stets mit der Aussicht auf Regen. Ich schlängele mich zwischen Urlaubern, Truckern und Heimkehrern hindurch zur Ausfahrt Kaistraße.
Fazit
Vierzehn Tage Schwedenreise waren ok, aber zu lang. Ich wäre mit weniger ausgekommen, vor allem mit weniger Regen. Von elf Tagen im Land sechs nasse, das ist selbst für Schweden eine heftige Quote, wenn auch keine Überraschung, der September ist dort ein Regenmonat.
Werde ich wieder nach Schweden fahren? Sicher. Uns verbindet seit Jahren eine Art inniger Hassliebe. Ich liebe die Pisten, mag die Einsamkeit, hasse den Regen und fürchte die Mücken, von denen diesmal allerdings keine da waren.
Beim nächsten Mal möchte ich nördlich der großen Seen hinter Mora die epischen 100 km Schotter fahren. Eine tolle Strecke zum Endurowandern.
Und dann ist da Jokkmokk am nördlichen Polarkreis, das Zentrum der samischen Kultur in Schweden. Ein beinahe mystischer Sehnsuchtsort, zu dem ich seit Ewigkeiten möchte, es aber nie wahr gemacht habe. Doch das ist Stoff für eine andere Geschichte