Reise nach Italien
Tag 1+2: Kiel - Verona - Gajole
Tag 3: Am Lago di Corlo
Tag 4: Arsiè - Camp Valle Verde
Tag 5: Bozen - Meran
Tag 6: Meran - Stelvio - Gaviapass
Tag 7: Edolo - Zambla Alta
Tag 8: Zambla - Lago di Lugano
Tag 9: Lago Maggiore
Tag 10: Markt in Cannobio
Tag 11: L. Maggiore, Lugano, Como
Tag 12: Morbegno - Lago d'Iseo
Tag 13: Lago d'Iseo - Gardasee
Tag 14: Gardasee - Sega Di Ala
Tag 15: Verona - Heimreise - Fazit
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Heimreise und Fazit

Mitten in der Nacht ein heiserer Schrei. Ich liege wach und lausche. Ein Waldkauz stimmt fach­männisch in das schaurige Konzert ein. Im Unterholz nebenan balzen, streiten, oder unterhalten sich zwei Kreaturen und im Vorzelt raschelt eine Maus. Nein, nicht Pieps, die schlummert selig sabbernd neben mir auf dem Kissen und bekommt von alldem nichts mit. Der Wald hat viele Geräusche. So vertraut, so sicher. Keine Menschen. Ich mag das.

Herbstreise nach Italien 2017

Heute ist der 29. September. Das Thermometer zeigt 5,7° C. Im Herbst ist Zelten ganz anders als im Sommer. Es wird früher dunkel und die Sonne geht später auf, aber dafür ist die Welt am Morgen nass, klamm und kühl. Die Sonne hat wenig Kraft und es dauert Stunden, bis Tau und Kondenswasser getrocknet sind. Meistens rolle ich das Zelt zu einem nassen Bündel zusammen und hoffe, dass es im nächsten Camp in der Sonne trocknen kann.

Herbstreise nach Italien 2017

Das Waschhaus im Camp Al Faggio hat kaum mehr als 10° und das Wasser quillt wie flüssiges Eis aus der Leitung. Wie machen die Italiener das? Werden nicht mal die physikalischen Gesetze befolgt, wonach Wasser unter Null längst gefroren sein sollte? Pieps weist es empört von sich, auch nur einen Tropfen davon an ihren Körper zu lassen, doch zumindest ich als Vorbild wasche mir kurz das Gesicht. JETZT bin ich wach.

Das Zelt bleibt in der Morgensonne stehen, während Pieps und ich zum Frühstücken in die Bar gehen. Massimo, der Wirt, steht mit roten Augen hinterm Tresen. Er sieht total verpennt aus und ist ein bisschen knurrig. Ich sehe auf die Uhr. Kurz vor neun. Keine sehr italienische Tageszeit, eher eine deutsche. Ich bestelle Kaffee und betrachte die Snacks, die in Plastik verschweißt hinter Glas liegen. Fertige Panini aus der Fabrik. Ohne Begeisterung zeige ich mit dem Finger auf das am wenigsten künstlich aussehende und lasse es mir heiß machen.

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Massimos Frau serviert das Panini am Tisch. Sie hat ein kleines Fähnchen in den Teig gesteckt. Sowie der Snack abgekühlt ist, beiße ich erwartungsvoll hinein. Ein trockener Teig, sparsam gefüllt mit einem Blubberlutsch aus Käse und Spinat. Nicht gerade ein Markerschütterer, aber für mich ist es ok. Eine gewisse Maus dagegen ist richtig stinkig: Spinat zum Frühstück!
Sie ist kaum zu beruhigen und ich muss versprechen, später in Verona dafür Eis auszugeben: "Ja, auch mit Sahne. Was? Nein, keine dreifache Portion."

Bis nach Verona sind es bloß vierzig Kilometer. Dort legt heute Abend der Autozug nach Hamburg ab. Ganz allmählich führt die Straße aus den Bergen hinunter in die Ebene. Die Strecke ist schön zu fahren, nur die letzten Kilometer geht es durch den typischen Verkehr einer großen Stadt.

Herbstreise nach Italien 2017

In Verona stelle ich das Motorrad in der Nähe der Arena ab und schlendere zu Fuß hinüber zum Marktplatz. Dort hängt eine Webcam, die Bilder und Sound in hoher Qualität live ins Netz überträgt. Da werde ich mich aufstellen und Claudia anrufen. Wir haben verabredet, dass sie zuhause an ihrem Computer einen Screenshot macht, wie ich da stehe und winke.

Herbstreise nach Italien 2017

Ich nehme mein Reisehandy und wähle Claudias Nummer. Wir freuen uns beide darauf, uns morgen wiederzusehen, doch das Gespräch nimmt einen anderen Verlauf:

"Wink doch mal!"
"Ich wink doch."
"Nein, tust du nicht. Du stehst da nur im Bild. Nun wink doch mal."
"Ich wink doch schon die ganze Zeit wie blöde."
"Na endlich. So ist schön. Jetzt winkst du."
"Tu ich gar nicht! Ich bin längst wieder weg, weil mich das genervt hat mit der Winkerei.
Die Leute gucken schon."

"Bist du gar nicht. Du stehst da und winkst. Ich seh dich doch genau."

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Es dauert eine Weile, bis wir beiden alten Tanten dahinter kommen, dass die Übertragung eine Verzögerung von einer Minute hat. Habe ich erwähnt, dass ich der am wenigsten geduldige Mensch bin, den ich kenne? Nein? Bin ich aber. Mich aufregen, Claudia anmeckern, wieder runterkommen und mich entschuldigen, das schaff ich alles in 5 Minuten. Zum Glück ist Claudia die Ruhe selbst, was mich natürlich erst recht auf die Palme bringt.

Zum Mittag setze ich mich vor eines dieser winzigen Lokale, die aus nicht mehr bestehen, als ein paar Tischen auf dem Gehsteig, einer abgegriffenen Speisekarte und der Tür zu einer winzigen Küche. Hier bin ich sogar in Motorradsachen nicht underdressed. Ganz anders, als neulich in dem Nobelschuppen auf einem Campingplatz in Estland, wo ich sogar in Rock und Ballerinas total abgestunken bin.

Ich sitze vorm Lokal und studiere die Speisekarte, während neben mir auf der Via Valerio der Verkehr vierspurig vorbeihupt und Horden asiatischer Touristen sich um mich herum teilen wie Wasser. Ein Ort der Ruhe ist Verona nicht, aber das hatte ich auch nicht erwartet.

Der Wirt, ein drahtiger, kleiner Kerl, kommt an den Tisch, um die Bestellung aufzunehmen. Als er Pieps entdeckt, ist er ganz hingerissen und streicht ihr übers Köpfchen: "Bella Cara", nennt er die kleine Maus, die das sichtlich genießt, obwohl sie Backenkneifer sonst nicht leiden kann.

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Für mich bestelle ich Lasagne und Wasser und für Bella Cara eine Coca Cola. Die Echte. Ohne mit Zero. Die Lasagne ist schlicht großartig. Zuhause esse ich so gut wie keine Nudelge­richte, aber hier in Italien mag ich sie. Der Fladenspinat von heute Morgen ist vergessen und vergeben.

Herbstreise nach Italien 2017

Die Altstadt von Verona ist wunderschön, die Arena, die malerischen Häuser in den hübschen Farben, die offenen Plätze, die engen Gassen. Doch wie alle schönen und bekannten Plätze ist auch Verona heftig overcrowded. Es sind einfach zu viele Menschen zur selben Zeit am selben Ort unterwegs.

Herbstreise nach Italien 2017

Wenn ich mir den berühmten Balkon aus Romeo und Julia ansehen wollte, bräuchte ich nur den japanischen Touristen zu folgen. Der Balkon, übrigens ein willkürlich ausgewählter, ist ein Pflichttermin jedes Besuchers in Verona.

Herbstreise nach Italien 2017

An einem Souvenirstand kaufe ich als Mitbringsel für Claudia eine winzige Gipsplastik der Arena. Kitschig, aber Souvenirs müssen kitschig sein. Sonst wären es Geschenke.

Ich sehe auf die Uhr: Zeit, um allmählich zum Bahnhof zu fahren. Der Autozug wartet nicht. Kurz nach mir treffen auch Thomas und seine Gang an der Autoverladung ein. Ich freu mich, als ich die bekannten Gesichter wiedersehe. Nach zwei Wochen in Italien haben wir ganz unterschiedliche Erlebnisse zu berichten.

Herbstreise nach Italien 2017

Die Verladung beginnt und jeder weiß, dass Italiener chaotisch sind, nicht organisieren können und Sauberkeit im Stadtbild erst an zweiter Stelle kommt, erst Recht am Bahnhof. Und was machen sie in Verona? Der Bahnhof ist wie geleckt, weit besser als der Kieler Hauptbahnhof, und die Verladung des Autozuges funktioniert präzise wie ein Uhrwerk. Viel planvoller und reibungsloser, als in der Präsident-Krahn-Straße in Hamburg. Ich mag es nicht, wenn ich es mir in einem Vorurteil gerade so schön bequem gemacht habe und es dann mutwillig beschädigt wird.

Herbstreise nach Italien 2017

Und als wenn das noch nicht genug wäre, wird auch noch das Essen im Speisewagen, das ich vor Wochen übers Internet gebucht hatte, pünktlich und heiß aufgetragen und sie wissen sogar, dass Signora Kühnke Fisch bestellt hatte. Was ist bloß los mit den Italienern? Kann man sich denn auf gar nichts mehr verlassen?

Herbstreise nach Italien 2017


Fazit

Das war Pieps und meine erste Reise nach Italien. Etwa 2.200 km rund um die oberitalienischen Seen und über ein paar erstklassige Schotter­strecken durch die Berge. Die Landschaft ist von einer rauhen Schönheit und das Wetter im Herbst war erstklassig.

Die Menschen in Italien verblüffen mich stets aufs Neue durch ihre grandiose Herzlichkeit. Nirgendwo sonst zum Beispiel wurde auch Pieps, aka Bella Cara, so sehr bemerkt und süß gefunden. Die Italiener haben mein Herz erobert. Nur wenn sie am Steuer, Lenkrad, Ruder oder Zügel eines Fahrzeugs sitzen, dann setzt etwas aus, aber sowie das autonome Fahren in Italien verpflichtend eingeführt wird, werden sie meine besten Freunde sein.

Trotzdem hat mich Italien im ersten Anlauf noch nicht vollends begeistert. Dazu ist die Gegend um den Gardasee zu overcrowded. Da würde ich nicht wieder hinfahren, zu viele Menschen, zu viele Autos, zu viel Verkehr.

Trotzdem möchte ich einmal wieder nach Italien fahren. Schließlich sind es bloß 96 km von Kiel. So nah ist es nämlich bis nach Hamburg Altona, wo der Autoreisezug nach Verona startet. Beim nächsten Mal möchte ich eine Gegend besuchen, die heißt Die Abruzzen. Ich weiß bisher nur, dass es dort sehr schön sein soll und bei weitem nicht so überlaufen. Kennt die jemand von euch, diese Abruzzen, und kann das bestätigen? Oder hat sogar einen Tipp für mich? Ich freu mich über jede Anregung.

Danke fürs Mitlesen und für die vielen fleißigen Kommentare. Nun starten Pieps und ich bald nach Island und sind erst einmal einen Monat lang aus der Welt.

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Bis bald, ihr Lieben...

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