Inhaltsverzeichnis
Tag 1: Kiel - Göteborg
Tag 2: Göteborg - Lenhovda
Tag 3: Oskarshamn - Gotland
Tag 4: Gotland, der Süden
Tag 5: Fårö und die Raukar
Tag 6: Visby - Festland
Tag 7: Gålö - Mälaren - Sala
Tag 8: Avesta - Falun - Mora
Tag 9: Orsa - Särna - Idre
Tag 10: Fulufjället - Malung
Tag 11: Malung - Fredros
Tag 12: Arvika - Ärjang - Ed
Tag 13: Ed - Tanum - Kungshamn
Tag 14: Götheborg - Kiel
Motorradreise Gotland
Platzhalter Motorradreise Gotland
Platzhalter Tanksquittung
Platzhalter Kassenbon
Platzhalter Kassenbon
Platzhalter Schlagwerk Hammermaschine
Platzhalter Gröne Backe Kassenbon
Platzhalter Reisekasse


Wassereinbruch...

Es gießt in Strömen, aber ich habe partout keine Lust, noch länger liegen zu bleiben, denn ich bin unternehmungslustig und will endlich losdüsen. In einer kurzen Regen­pause breche ich das Lager ab und starte in den nassen Tag.

Motorradfahren im Regen

In dem Moment, als ich vom Campingplatz auf die Landstraße einbiege, setzt der Regen wieder ein. Gutes Timing, Baby, freue ich mich in meinen Helm. Behutsam schalte ich die Gänge hoch und fahre mit 70 bis 80 auf der Landstraße, bis der Motor warm genug ist und ich auf die gewohnten 96 beschleunigen kann.

Wenn ich die Route richtig im Kopf habe, dann werde ich heute nur durch einen einzigen Ort fahren, durch Arvika. Bis dahin sind es etwa 50 km, die perfekte Entfernung für ein Frühstück. Was es heute Morgen wohl gibt?

Mit jedem Kilometer, den ich näher nach Arvika komme, wird es dunkler. Der Himmel sieht schon beinahe schwarz aus und der Regen hört schlagartig auf. Misstrauisch schaue ich nach oben und reibe vorsorglich noch einmal über den Klettverschluss der Regenkombi.

Es sind noch etwa 10 km bis Arvika, als zwei mächtige Blitze gleißend hell durch die schwarzen Wolken schießen. Anfangs noch zögerlich fallen erste Regentropfen, aber schon nach kurzer Zeit fahre ich durch einen Wolkenbruch mit XL-Regentropfen, wie ich ihn zuletzt auf den Lofoten erlebt habe.

Wow, welch ein Schauspiel. Mit 60 schleiche ich Arvika entgegen und rette mich unter das Dach einer OKQ8 Station, ich muss ohnehin tanken und hier werde ich in Ruhe frühstücken, bis der Regen nachlässt. Oh, es gibt Hotdogs...

French Hotdog und Kaffee

Nach einer Stunde, zwei Hotdogs und drei Bechern Kaffee steige ich wieder aufs Motorrad und fahre weiter. Es regnet noch immer. Sicher­heits­halber werfe ich einen Blick auf die Antriebs­kette. Die muss heute abend unbedingt gespannt und geschmiert werden. Der Regen und das viele Dreck­wasser auf den Pisten haben sie ziemlich ausgelaugt.

Arvika ist eine nette Kleinstadt mit 14.000 Einwohnern und an diesem Donnerstag sind etwa 17 bis höchstens 23 Autos in der Stadt unterwegs und trotzdem schaffen es die Smørebrøds mit ihrer Handvoll Volvos einen erstklassigen Verkehrsstau zu veranstalten, der den berüch­tig­ten Stau am Kamener Kreuz vom Sommer '79 aussehen lässt wie einen Ampelstop.

Ich hänge hinter einem weißen Volvo fest, der so langsam fährt, dass ich all meine Trial­künste auspacken muss, um nicht umzukippen. Wenn er noch langsamer wird, fährt er rückwärts.

Hier gilt rechts vor links der Schwede tastet sich ängstlich an die nächste Querstraße heran, hält an und schaut. Gleich wird er aussteigen und das Ohr auf die Straße legen und anschließend damit beginnen, die Passanten zu befragen. Endlich fühlt er sich sicher genug und setzt die Fahrt fort. Ich koche in meinem Helm, denn Geduld ist nicht meine starke Seite.

Nächste Einmündung dasselbe Spiel, aber oh no! Was ist das? Es kommt einer von rechts, natürlich auch ein Volvo. Er hat Vorfahrt und bräuchte nur zu fahren, denn mein Vordermann ankert mit allem was er hat, oder vielleicht hat er die Karre auch nur ausrollen lassen, der Unterschied wird diesem Tempo nicht deutlich, aber der andere Wagen lässt meinen Vorder­mann aussehen, wie Dom Toretto auf Speed.

Meine Nerven sind für sowas nicht gemacht: Ich reiße die Kawa auf und heize haar­scharf zwischen den beiden Wander­dünen hindurch, dass sie erschreckt die Augen aufreißen, genau wie der Typ, der mir entgegen­kommt, aber im letzten Moment schere ich elegant wieder ein. Boah, diese lahmen Volvos, kann hier vielleicht mal jemand ein deutsches Auto fahren, einen Alfa oder sowas?

Varning Älg

Seit einer halben Stunde schüttet es wie aus Kübeln und zum ersten Mal habe ich einen Wasser­einbruch in den Daytona Stiefeln, die sonst alles aushalten und auch die Regen­kombi hält nicht mehr dicht. Die Membran­klamotten darunter brauche ich gar nicht erst zu fragen, die halten nicht mal das ab, was in die Kombi läuft. Längst habe ich einen nassen Bauch und sitze im durch­weichten Höschen auf der Enduro.

Eine Stunde hinter Arvika kommt doch noch eine Ortschaft, die ich nicht auf der Rechnung hatte, Ärjang. Umso besser, dann kann ich hier einkaufen, aber vorher nehme ich bei Statoil noch einen Kaffee und einen Hotdog, der letzte ist schon ewig her, oder eine Stunde, was immer länger ist.

Bei Coop schnappe ich mir einen Korb und platsche in meinen nassen Stiefeln durch die Gänge. Heute will ich mich mit einem besonders guten Abendessen für das unschöne Wetter entschädigen.

Am Fleischtresen lasse ich mir eine Scheibe Entrecote herunter­säbeln, an der ein Tiger ersticken könnte und dazu kaufe ich einen kleinen Eimer Kartoffelsalat. Keine Ahnung, wie ich darauf komme, aber heute ist mir danach, vermutlich geht es dabei um die Mayonnaise.

Im Supermarkt

Am Bäckerstand kaufe ich noch eines dieser leckeren Bananen­creme­törtchen. "Die hab ich ja äfunden, näh?!", kommentiert eine gewisse Maus fröhlich. Na bravo, das darf ich mir jetzt bis Weihnachten anhören. Den Rest des Korbs fülle ich mit Bierdosen auf und gehe zur Kasse.

Der Regen lässt keinen Moment nach, aber wenigstens ist es nicht kalt. Kurz hinter Ärjang erreicht die Straße den Dalslandkanal und eine schmale Klappbrücke führt über das schwarze Wasser. Den möchte ich mir ansehen, ich habe doch ein Faible für Kanäle und Brücken. Ich stelle die Enduro auf einem Parkstreifen ab und gehe hinunter zum Kanal. Den Helm lasse ich auf, denn wenigstens meine Haare sind noch trocken.

Ein enger Pfad führt neben roten Holzhäusern am Kanal entlang. Der Weg ist durch eine Schranke versprerrt, aber ich steige darüber und gehe hinunter zum Wasser. Der Regen prasselt auf das schwarze Wasser und an den Hängen wachsen Lupinen, oder irgendwelche Blumen.

Aus dem kleinsten der drei roten Häuser kommt ein Mann in Arbeitsklamotten, ruft mir etwas zu und winkt. Ob ich hier nicht längsgehen darf? Bedeutet das die Schranke?

Dalsland Kanal

Schuldbewusst gehe ich zu ihm hinüber und mache mich auf einen Vortrag gefasst, aber er ist ganz freundlich und möchte mir nur seine Schmiede zeigen, die in dem kleinen roten Haus untergebracht ist. Deshalb auch der große Schornstein auf dem Dach für die Esse.

Dalsland Kanal Schmiede Lennartsfors

Die Schmiede wirkt wie aus einem Museumsdorf, die alten Werkzeuge, die Ambosse, eine große Feuerstelle und das Prunkstück, ein Dampfhammer der Firma Vulkan, die Bedienungs­anleitung in deutscher Sprache auf eine Messingplatte geprägt. Damals wurde man noch nicht mit einem Faltblatt und einer CD abgespeist.

Dalsland Kanal Schmiede Lennartsfors Schmied

Ruhig und freundlich erklärt der alte Mann die einzelnen Gerätschaften. Ich verstehe keine Wort Schwedisch, aber das scheint ihn nicht zu stören und ich höre ja auch interessiert zu. Ich zeige zuerst auf meine Kamera und dann mit fragendem Gesicht auf den Schmied. Er versteht mich und nickt, ich darf ein Foto machen.

Auf einer Tafel an der Wand lese ich, dass ich in der alten Schmiede von Lennartsfors bin, die 1841 erbaut wurde. Auf einem alten Foto kann man erkennen, dass die Gebäude unverändert sind, nur der rote Anstrich ist neu. Ich verabschiede mich freundlich und mache mich wieder auf den Weg, denn ich will endlich aus den nassen Sachen raus.

Ein Stück hinter dem Kanal geht es wieder auf eine Schotterstraße. Das Wasser steht auf dem dunkelgrauen Untergrund und die Piste ist seifig und glatt. Ich schalte bis in den vierten Gang und fahre vorsichtig Kilometer um Kilometer durch den Wald, bis der Weg an einer Hauptstraße endet.



Nach wenigen Kilometern erreiche ich die Fähre Sund - Jarenleden. Das Schiff geht nur alle 30 Minuten, aber ich habe Glück, die gelbe Fähre legt gerade an. Die Fahrt über das schmale Wasser dauert nur wenige Minuten und ich bleibe während der gesamten Überfahrt auf dem Motorrad sitzen.

Fähre Sund Jarenleden

Es sind noch 40 km bis zum Campingplatz in Ed. Gröne Backe sah im Internet richtig klasse aus und gerade heute hoffe ich, dass der Platz hält, was ich mir davon verspreche.

Schon als ich nach Ed hineinfahre und kurz darauf zum Campingplatz abbiege, fällt mir auf, welch ein Trubel in dem kleinen Ort herrscht. Mehrere Wohnmobile stehen bereits vor der Rezeption zum Einchecken. Dabei ist doch erst Donnerstag, was ist denn los?

Hinter dem Tresen bewältigt eine junge Frau den Ansturm der Gäste im Alleingang. Lächelnd beantwortet sie Fragen in mehreren Sprachen, checkt Camper ein, rechnet Kreditkarten ab und erläutert zum x-ten Mal den Lageplan von Gröne Backe. Sie wirkt südländisch mit ihrem feurigen Blick aus großen, dunklen Augen, den schwarzen Haaren und der tollen Figur. Kurz gesagt: Sie ist einfach umwerfend.

Meine Güte, noch vor 12 Jahren hätte ich alles getan, um diese Schönheit zu erobern, aber heute schaue ich nur missbilligend und finde, dass die Schuhe nicht zum Top passen. Pöh.

Sie erklärt mir, dass morgen schwedischer Natinonalfeiertag ist und heute jeder Gast, der ohne Auto kommt, nur 100 Kronen für einen Platz zahlen muss. Eine Enduro ist kein Auto und so spare ich gegenüber dem Normalpreis satte 110 Kronen, oder den Preis eines guten Entrecotes.

Gröne Backe ist ein großer Ferienplatz und auf einem Lageplan zeigt Farah mir die beiden Zeltwiesen, eine davon mit dem Namen "On Top of the Hill". Dort werde ich mein Zelt aufstellen, denn da stehen bestimmt die am wenigsten tiefen Pfützen.

Der Regen hat aufgehört und als ich aus der Rezeption komme, bricht die Wolkendecke auf und aus einem blauen Himmel scheint die Sonne auf mich herunter.

Im kleinen Gang fahre ich über den Campingplatz hoch zur Zeltwiese "On Top of the Hill" und tatsächlich, die sieht ganz prima aus. Eine Wiese mit Blick über den See, darauf ein großer, flacher Findling, ein Baum und eine Picknickbank. Jetzt muss ich nur ein ebenes Plätzchen für mein Zelt finden.

Gröne Backe Camping Ed

Als erstes breite ich die nasse Motorradjacke aus und baue dann das Zelt auf. Hoffentlich wird die Jacke bis morgen trocken. Meine Sachen müssen am Körper trocknen und dazu gehe ich mit Pieps jetzt auf eine große Platzrunde

Nasse Motorradjacke

Gröne Backe ist ein Riesenplatz und trotzdem erstaunlich ruhig und friedlich. In den Wasch­häusern läuft ein schwedischer Radiosender mit Popmusik, wie auf vielen schwedischen Camping­plätzen. Die Jungs von der GEMA würden Pickel im Gesicht kriegen, wenn sie das wüssten, aber ich lieb das total. Beides.

Heute muss ich mich ein wenig um das Motorrad kümmern, Kette fetten und spannen und nach Öl und Kühlwasser gucken. Das Spannen ist mit dem Bordwerkzeug im Nu erledigt und nachdem ich die Kette dünn mit Sprühöl eingenebelt habe, sieht sie wieder aus wie neu. Öl und Kühlwasser sind ok, von beidem musste ich zwischen den Inspektionen nie einen einzigen Tropfen nachfüllen. Japanische Großserientechnik eben.

Kette spannen und fetten

Inzwischen wird es Zeit für das Abendessen. Wir kremieren das Entrecote nach allen Regeln der Kunst und essen nebenher soviel von dem Kartoffelsalat, bis uns beiden ein wenig schlecht ist, was aber nur mir etwas ausmacht. Pieps nimmt auf sowas keine Rücksicht.

Entrecote braten am Zelt

Vom Zelt aus habe ich einen wunderschönen Blick auf den See und ich bleibe noch lange in der Apsis sitzen, schreibe in mein Reisetagebuch, trinke Bier und glotze in die Landschaft. Diesen Teil des Endurowanderns, wenn ich abends am Zelt sitze und Zeit für mich habe, den liebe ich besonders.

Abends im Zelt Schlafsack Kissen Isomatte




Making of...





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Svenja Svendura EndurowandernMade by Svenja Svendura on Apple iMac with Panic Coda and Photoshop Elements.