Frankreich 2019
Tag 1 Kiel - Hamburg-Altona
Tag 2 Lörrach - Camp Hautoreille
Tag 3 Langres - Parc du Morvan
Tag 4 Morvan - Auvergne
Tag 5 Parc Volcans d'Auvergne
Tag 6 Auvergne - Perigord
Tag 7 Jokertag in Beynac
Tag 8 Sarlat-la-Canéda
Tag 9 Souillac, Okzitanien
Tag 10 Le Rouget - Villefort
Tag 11 Thines
Tag 12 Villefort - Orgon, Provence
Tag 13 Carrières de Lumières
Tag 14 Gorges Verdon und Daluis
Tag 15 Nizza - Menton - St. Martin
Tag 16 Col de la Bonette - d’Izoard
Tag 17 Col du Galibier - de l’Isèran
Tag 18/19 Am Genfersee
Tag 20 In der Schweiz
Tag 21 Heimreise und Fazit
Platzhalter Motorradreise Frankreich
Platzhalter Motorradtour Perigord
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Sarlat-la-Canéda

Im strömenden Regen renne ich mit Tüten voll Croissants und Baguette über die nasse Wiese zurück zum Zelt. Aus dem kleinen Laden neben der Bäckerei habe ich Butter und Lamm­pastete mit Thymian besorgt. Heute nervt mich das Wetter nicht, denn es gibt kaum etwas Gemütlicheres, als bei Regen im Zelt zu frühstücken.

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Es ist ein wunderbarer Morgen. Wir essen von der köstlichen Pastete, ich lese meinen Bruno weiter, Pieps füttert Ameisen mit Krümeln, von Zeit zu Zeit koche ich frischen Kaffee und knabbere geistesabwesend an einem Croissant. Ich fühle mich rundherum wohl. Unser Frühstück im Zelt ziehe ich jedem Brunchbuffet vor, auch wenn ich das Warum dahinter selbst nicht ganz verstehe.

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Heute bin ich im Waschhaus spät dran. Es ist schon reger Betrieb und ich habe Glück, überhaupt ein freies Waschbecken zu ergattern. Männlein und Weiblein werden nicht getrennt. Ellenbogen an Ellenbogen stehe ich zwischen den anderen vor meinem Spiegel.

Links neben mir ein Mann, der sich so tief übers Becken beugt, dass ich nur seinen behaarten Rücken sehe. Ein wahrer Bär. Zu meiner Rechten eine dünnzickige Blonde, die sich hingebungsvoll die Zähne elektrisiert. Das Summen ihrer Bürste geht fast unter im Rauschen der Duschen, einem Föhn und dem Geschrei eines kleinen Jungen, der partout keine Lust zum Duschen hat. Manchmal ist es klasse, erwachsen zu sein und nur zu tun, worauf man Lust hat.

Inzwischen hat der Regen nachgelassen, die Sonne kommt hervor und im Nu ist es ein strahlend schöner Tag geworden. Ich ziehe Motorradsachen an und mache die Honda startklar. Wir machen einen Ausflug.

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Heute will ich mir Sarlat-la-Canéda ansehen. Die mittelalterliche Stadt liegt bloß 11 km entfernt. In einem Reiseführer vom Tal der Dordogne hatte ich gelesen, dass Sarlat eine der top Sehenswürdigkeiten Frankreichs sei.

Ich stelle die Honda am Rand des Centre médiéval ab, dem mittelalter­lichen Stadtzentrum, das auf das 13. bis 16. Jahrhundert zurückgeht. Etwas später merke ich, dass ich einfach hätte mittenrein fahren können. Biker genießen in Frankreich Carte blanche und fahren einfach überall hin, einerlei wie gesperrt, wie Fußgängerzone, oder wie Akrapovič der Auspuff ist. Eine Gruppe lauter Motorräder fährt mitten auf den Marktplatz und die Leute machen mit einem Lächeln Platz.

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Die haben Glück, dass ich meinen Dienstausweis nicht dabei habe, denke ich säuerlich, aber im Grunde bin ich nur genervt, weil ich selbst so feige und deutsch draußen parke und das ganze Stück hierher gelatscht bin.

Sarlat ist der Hammer! Schon sehr touristisch, aber noch nicht Disney. Die wunderbaren alten Häuser unterschiedlicher Epochen, Mittelalter, Barock und Renaissance, die vielen kleinen Geschäfte und keine der bekannten Modeketten, die sonst die Innenstädte verunstalten, kein Fast-Food und kein McDonald’s.

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Ich gehe zu einem Kunstmaler in den Laden, der gerne langbeinige Frauen von hinten malt. Zu seiner Ehrenrettung muss ich allerdings sagen, dass er auch Hunde und Katzen malt. Von vorne.

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Ich kaufe zwei wunderhübsche Lesezeichen, die mit Motiven aus Beynac bemalt sind. Beim Bezahlen frage ich höflich, ob ich im Laden ein Foto machen darf. Der Maler ist überrascht und freut sich, dass mal einer fragt. Er kann es nicht leiden, wenn Leute ungefragt in den Laden knipsen und wortlos wieder verschwinden.

Ein Stück weiter hat ein Chocolatier sein Geschäft. Pieps zuliebe gehe ich hinein. Der Chocolatier nimmt uns sofort in Beschlag und ich ahne, dass ich hier nicht wieder rauskomme, ohne etwas zu kaufen.

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Mit seinen lockigen Haaren sieht er aus, wie eine französische Version von Atze Schröder, aber er ist charmant und freundlich, wenn auch etwas ölig. Wir probieren dies und das, doch am Ende mag Pieps es klassisch und entscheidet sich für Vollmilch-Nuss mit ganzen Haselnüssen. Ich nehme eine halbe Tafel.

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France Atze legt die Schokolade auf die Waage und mich trifft fast der Schlag: 13,39 € steht auf dem Display. Blitzartig nimmt er die Tafel wieder weg und sagt: "Fourteen euro, please." Ich sehe ihn verdutzt an und er legt mit öligem Lächeln rasch zwei Schoko-Nuss-Plätzchen dazu. Der ist mir echt über, denke ich und zahle vorsichtshalber genau passend. Wer weiß, welche Tricks der noch drauf hat.

Wenn wir das ganze Mittelalter Gedöns, Kultur, Renaissance und Karl den Kahlen mal beiseite lassen, dann ist es vor allem eine Sache, die mich angezogen hat: Die Markthalle von Sarlat auf dem Place de la Liberté in der ehemaligen Kirche Saint-Marie. Claudia hat das für mich recherchiert und seitdem will ich da hin.

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Die Kirche wurde längst entweiht und hat über Jahrhundert alle möglichen Geschäfte beherbergt, aber 2008 haben sie das ehemalige Gotteshaus in eine Markthalle verwandelt. Nur das Mittelschiff ist erhalten. Der Giebel wird von einem gut 14 m hohen Eisenportal einge­nommen. Dahinter sind Marktstände zu erkennen. Neugierig trete ich ein.

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Nicht zu fassen, ich stehe in einer Kirche voller Stände, an denen die feinsten Spezialitäten angeboten werden. Da sind edle Trüffel aus dem Périgord noir, feinstes Foie Gras aus Beynac, Peyrigoux Käse und hundert andere Spezialitäten aus der Region, die ich erst erkunden muss.

Ein Stand fällt mir sofort ins Auge, Saucissonnerie de la Halle. In Weiden­körben liegen luftgetrocknete Salamis aller Sorten. Man findet sie auf jedem französischen Markt, aber diese sind eine Klasse für sich.

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Don't touch please!, steht auf der Schutzscheibe davor. Eine Dame aus Großbritannien lässt sich davon nicht beirren. Mit rot lackierten Nägeln drückt sie eine aus jedem Korb. Die Wurst soll fest sein, aber nicht zu hart. Die Verkäuferin sieht mit stoischer Miene zu.

Schließlich bin ich an der Reihe. Ich entscheide mich für eine Wildschwein und eine Entenwurst. Die Verkäuferin sagt etwas, das ich nicht verstehe und deutet auf das Schild "3 Saucissons 10 €". Sie hält mir eine Scheibe Wurst zum Probieren hin. "Truffe", sagt sie, Trüffel. Sie schmeckt köstlich. Die nehme ich auch noch. Ich reiche einen Zehn-Euro-Schein hin und bekomme eine Papiertüte mit drei Würsten.

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Jetzt muss ich Pieps wieder einfangen. Die kleine Maus sitzt gegenüber bei Fromages Périgord auf dem Tresen und bedient sich ungeniert vom Probierteller. Aus reiner Scham kaufe ich ein Stück Rocamadour, greife die zeternde Maus und trete eilig den Rückzug an. Ich sollte wirklich besser aufpassen.

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Sarlat hat so viele weitere Sehenswürdigkeiten, interessante Häuser mit großen und kleinen Geschichten zu bieten, dass ich wiederkommen muss. Für heute lasse ich es gut sein und fahre zurück nach Beynac ins Camp.

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Das Périgord ist laut Wikipedia bekannt für sein reiches historisches Erbe, seine Küche und das gemäßigte Klima, aber tatsächlich hergelockt haben mich die Bücher von Martin Walker um Bruno Chef de Police. Auf dieselbe Weise hatte Commissaire Dupin mein Interesse für die Bretagne geweckt.

Eines weiß ich schon jetzt, das Périgord hat das Zeug dazu, meine Lieblingsgegend in Frankreich zu werden. Neben der Auvergne, die jedoch ganz anders ist, verlassener, weniger touristisch.

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In Camping Le Capeyrou habe ich meinen Campingplatz für erholsame Ferien gefunden. Ich werde nächstes Jahr wiederkommen. Dann verbringen Pieps und ich unsere Ferien an der Dordogne. Wir werden Rocamadour besuchen, die Stadt und den Käse, Périgueux, Bergerac, die Höhle von Lascaux und die vielen anderen Sehenswürdigkeiten. Hier in Capeyrou soll unser Basislager sein und ich werde für jeden Tag einen anderen spannenden Ausflug planen.

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Während ich in der Bar des Camps ein Glas Rosé trinke, schmiede ich eifrig Reisepläne. Nächstes Jahr fahre ich mit Greeny. Die kennt sich in Frankreich schon gut aus, passt besser auf den Autozug und ist gelände­gängiger, falls wir in der Auvergne ein längeres Stück TET fahren wollen. Ich könnte eine Drohne kaufen. Vielleicht macht das Spaß. Ich bin Feuer und Flamme für Frankreich, besonders für die Auvergne und das Périgord.

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Mit dem beruhigenden Gedanken, dass mir die Reiseziele so bald nicht ausgehen werden, verschwinde ich im Zelt. Heute bleibt die Küche kalt. Zum Abendessen gibt es Brot und Wildschweinwurst, Lammpastetete und den Rocamadour der Scham aus Sarlat. Dazu eine halbe Flasche Bordeaux.



Beschreibung Morgen fahren wir weiter nach Süden. Viermal noch schlafen, dann erreichen wir eine Gegend, die heißt Provence. Mir sagt das nichts, aber vielleicht ist es dort ja auch ganz hübsch.
Platzhalter Gute Nacht Welt.

zum nächsten Tag...

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