Tag 2 - Durch Dänemark
Heute morgen bin ich unruhig wie ein Rennpferd vorm Start. Es soll jetzt endlich losgehen: Die Pisten, das Hochland, die Wüste Sprengisandur, Tiefsand und Flüsse. Noch halten sich Angst und Neugier die Waage, aber ich kenne mich: Spätestens auf dem Schiff wird die Angst verschwunden sein und einer merkwürdig überdrehten Begeisterung Platz machen. So war ich immer, ein typischer Vorher-Schisser.
Den Weg durch Dänemark habe ich diesmal bei kurviger.de geplant und als Track auf meinem Garmin Oregon gespeichert. Er führt durch Wälder und Felder, über Wirtschaftswege und Nebenstraßen. So wird aus der öden Anfahrt zur Fähre doch noch eine kleine Reise.
Dänemark kann unglaublich öde sein, aber dann auch wieder sehr idyllisch und malerisch schön. Die Reise nach Skagen vor zwei Jahren war eine der schönsten Herbstreisen.
Es sind dreißig Grad im Schatten. Der Asphalt glüht auf dem Parkplatz vorm Super Brugsen in Hadsund. Ich stelle die Enduro ab und beeile mich in den Laden zu kommen. Hoffentlich ist es in Island nicht so heiß, wenn ich das Motorrad durchs Hochland treibe.
Heute Abend gibt es Entrecôte mit Sauce Béarnaise, meiner absolute Lieblingssauce. Ich nehme gleich die vorteilhafte Halbliter Flasche und versorge uns auf dem Weg zur Kasse großzügig mit Marzipan von Anthon Berg. Die Firma ist dänischer Hoflieferant und ihr Marzipan ist famos.
Kjul Camping liegt 7 km entfernt vom Hafen. Ich stiefele in die Rezeption und sage meinen Satz auf: "Hello. I'd like to stay for camping. Just me, a small tent and a motorbike. Just for one night." Von Pieps kein Wort.
Ich bin nervös, weil ich Angst habe, morgen früh nicht rechtzeitig wegzukommen: "When does the Gate open tommorrow morning?"
Die Frau hinterm Tresen lächelt mich nachsichtig an: "Your first time?" Sie hat erkannt, wohin ich unterwegs bin. "You won't miss the ferry. There will be time enough tommorrow morning", beruhigt sie mich. Merkt man mir die Aufregung so deutlich an?
Ich schnappe mir Pieps und gehe dahin, wo die BMW verschwunden ist. Zuerst kann ich sie nicht wiederfinden, aber dann entdecke ich neben einer Hütte zwei Motorräder, eine GS und eine V-Strom. Beide blitzblank und reisefertig. Daneben ein großer Mann mit Bart und einem freundlichen Gesicht, der das Gepäck der BMW überprüft.
Ich will gerade etwas sagen, aber er ist schneller:
"Aus Kiel?"
"Ja. Woher...?"
"Svendura?"
"Äh, ja!"
Und aus der Hütte eine weibliche Stimme: "Ist Pieps auch mit?"
Die Beiden fahren auch nach Island und so sind wir kurz darauf schon tief ins Gespräch verstrickt über Island, unsere Erwartungen, Hoffnungen, Ängste und Befürchtungen. Doris fährt noch nicht lange Enduro und ich staune über ihren Mut. Rolf dagegen kann es kaum abwarten, seine GS über die Piste zu schrubben.
Doris kocht Tee und stellt uns einen Teller Kekse hin. Eine gewisse Maus ist ganz hingerissen von ihrer neuen "Tante Doharies". Erst Recht als die verkündet, dass da, wo die Kekse herkommen, noch mehr sind.
Man braucht nur über den Campingplatz zu schlendern, um noch andere zu entdecken, die morgen mit uns auf der Fähre sein werden. Sandbleche, Kanister und Schaufeln sprechen eine deutliche Sprache. Auf dem Weg zum Zelt lerne ich auch Stefan aus Olpe kennen. Er ist mit einer betagten original Africa Twin unterwegs.
Gegen Abend baue ich unsere Küche auf. Ich schraube den Kocher auf die Gaskartusche, zünde die Flamme und lasse etwas Öl in die Pfanne laufen. Als ich die Entrecôtes auspacke, läuft etwas von dem Fleischsaft ins Zelt und kurz darauf stößt Pieps auch noch den Tsatsiki um. Im Zelt duftet es wie beim Griechen an der Ecke, wenn alle die Rhodosplatte wollen.
Die Steaks sind mehr als bloß well done, als wir sie mit Heißhunger in uns hineinmampfen, aber mit genügend Sauce Bérnaise sind sie doch ganz ausgezeichnet. Auf Island wollte ich Lachs braten, aber in dieser Pfanne kann ich das vergessen. Beim Wenden würde es ein Gemetzel geben.
Das Schiff nach Island legt um halb zehn in Hirtshals an. Dann will ich schon am Hafen stehen und mir das Einlaufmanöver ansehen. Vor allem will ich mir die Biker ansehen, die von Bord rollen. Wie sehen die aus? Glücklich? Erschöpft? Gestresst? Und rollen die überhaupt? Oder schieben sie, oder werden getragen?
Lange vor Mitternacht falle ich in einen unruhigen Schlaf, während Pieps neben mir selig ins Kissen sabbert und vermutlich von wundervollen, riesigen Eisbergen träumt. Und von Schokosauce...
zum nächsten Tag...
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Morgen dürfen wir auf keinen Fall verschlafen. Also stellt euch den Wecker, wenn ihr mit an Bord wollt. Gute Nacht...