Ankunft in England
"How many Persons?", werde ich gefragt, als Pieps und ich im Bordrestaurant zum Frühstück erscheinen. "Just me and Pieps." Der Kellner blinzelt irritiert, bevor er uns mit stoischer Miene an einen Platz mit toller Aussicht auf die blaue See führt.
Ich habe diesmal das große Frühstücksbuffet mitgebucht und bin fest entschlossen, mich dermaßen vollzustopfen, dass ich mich erst abends wieder ums Essen kümmern muss und nach der Ankunft in Harwich zügig nach Westen durchziehen kann.Das Buffet ist gut, auch wenn es vielleicht kein Markerschütterer ist, wie auf unserer Hurtigrutenreise, aber mit 14 € ist es nicht teuer und außerdem sehr reichhaltig. Besonders die dänische Leberpastete und die Blätterteigbrötchen haben es mir angetan.
Zurück in der Kabine erfahre ich im skyNEWS Morgenprogramm, dass Schweden den Grand Prix gewonnen hat und Engelbert Humperdinck für England Vorletzter geworden ist. Von Deutschland spricht kein Mensch. Vermutlich sind wir nur Zweite geworden.
Die Wettervorhersage verspricht für die Gegend um London bis 28° C und genau dort werde ich gleich entlangfahren. Ich will heute noch bis Adderbury kommen, das auf der halben Strecke nach Wales liegt.
Erst kurz vor der Ankunft in Harwich wird das Fahrzeugdeck geöffnet. Ich mache mich auf den Weg zu meinem Motorrad, schnalle den Tankrucksack fest und stelle die Uhr im Cockpit eine Stunde zurück. In England gilt Greenwich Zeit und es ist erst 12 Uhr.
Noch in Harwich geht es durch die ersten Roundabouts, die Kreisel, die so typisch sind für den englischen Straßenverkehr, und nach wenigen Meilen ist mir das Linksfahren wieder ganz vertraut. Das dumpfe Gefühl, ein Geisterfahrer zu sein, das sich oft in Linkskurven einstellt, ist inzwischen auch verschwunden.
Auf der A120 fahre ich bis Colchester, wo ich die Schnellstraße an der Ausfahrt 26 verlasse. Ich habe mir eine schöne Nebenstrecke herausgesucht, die mich auf kleinen Straßen nördlich an London vorbeiführt.
Viele enge Kurvenkombinationen durch eine hügelige Landschaft, schmale Straßen, wenig Verkehr. England ist wirklich ein tolles Land zum Motorradfahren.
Über eine rote Backsteinbrücke fahre ich nach Finchingfield hinein. Ich mag englische Villages mit ihren hübschen Häusern, den alten Brücken und dem gepflegten Dorfrasen, dem Village Green. Alles strahlt Tradition und Beständigkeit aus. Das Red Lion Pub ist fast 600 Jahre alt. (Hansis Bierschwemme in Kiel war nicht mal 10 als Hansi sich totgesoffen hat.)
Als die Kawa versorgt ist, stelle ich in aller Ruhe das Lager auf. Ich präge mir alle Abläufe genau ein, denn falls es einmal regnet, soll es schnell gehen und jeder Handgriff muss sitzen.
Ich lege das Ground Sheet ins Gras, pinne es mit vier Zeltnägeln fest und lege das Innenzelt darauf. Setze dann die beiden Alustangen zusammen, klipse sie ans Innenzelt und spanne es auf. Jetzt die Firststange ins Außenzelt und das Dach aufsetzen. Bei Regen wäre das Zelt ab jetzt dicht. Ich sehe auf die Uhr: Neun Minuten. Vier wären ok, drei wären besser.
Als die Sonne schon tief steht, schraube ich den Kocher auf die Gaskartusche und werfe die Lammburger in die Pfanne. Zum Braten habe ich mir zuhause etwas Biskin in eine Laborflasche abgefüllt. Die Lammfrikadellen schmecken ganz prima, aber bei meinem Kohldampf bin ich ohnehin ziemlich kritiklos.
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