Land Rover Series One
Gähnend winde ich mich aus dem warmen Schlafsack, ziehe meine Klamotten an und werfe einen verschlafenen ersten Blick nach draußen. Dichter Nebel verwandelt die Landschaft in eine Szene aus Der Frosch mit der Maske.
Stattdessen steuere ich eine BP-Tankstelle am Stadtrand an, Greenys 7,7 l Adventure Tank ist fast leer. Beim Bezahlen entdecke ich in der heißen Theke eine knusprige Bacon Turned Over Roll und es ist Liebe auf den ersten Blick: "That one, please."
"That's all, Love?", fragt Gloria während sie die heiße Roll in eine Tüte packt. Was bin ich auf dieser Reise nicht alles genannt worden, Love, Dear, Darling, Sweet. Ich mag das, weil es total sympathisch klingt und man gleich gute Laune bekommt. Das werde ich in Kiel auch einführen und ich bin schon auf die strahlenden Gesichter gespannt, wenn ich den Postboten, oder den Mann bei ALDI an der Kasse das erste Mal Love oder Darling nenne.
Satt und mit fröhlichen Gedanken über eine bessere Welt düse ich weiter. Der Verkehr wird dichter. Die Autobahn M1 führt an Milton Keynes vorbei und ein Strom von Autos und Lastwagen quält sich zur Auffahrt J13 nach London. Auf der schlanken KLX mogele ich mich elegant durch den stockenden Verkehr und nehme die unzähligen Roundabouts im Tiefflug.
In der Bedford Street halte ich bei Waitrose, um für das letzte gute Abendessen dieser Reise einzukaufen. Morgen bin ich schon auf der Fähre nach Dänemark und seit sie mir das Zelten auf dem Autodeck verboten haben, bleibt die Campingküche kalt.
Dafür soll es heute etwas Besonderes geben und ich entscheide mich für ein Sirloin Steak. Es ähnelt unserem Rumpsteak, bietet aber den weit überlegenen Fettrand. Dazu nehme ich zwei Pork Loin Steaks von freilaufenden BioSchweinen. Trotz Bio sehen die total lecker aus und sind auch kein bisschen verschrumpelt.
Diese Reise wird ein richtiger Gesundheitstrip, zuerst das Obst in Ross-on-Wye und jetzt Biofleisch aus Ampthill. Ich fühle mich schon wie ein typischer Reformhauskunde, nur ohne das Verhärmte und die ständige Gefechtsbereitschaft.
"krk. Emily here. Peter? krk"
"krk. Peter here. krk"
"krk. I have a young lady here on a motorbike. I will send her down to you. Please show her the pitches. krk"
"krk. Ok. krk"
Im 1. Gang rolle ich durch das weiße Tor auf den Platz. Ein Stück weiter wartet Peter und zeigt mir, wo ich mein Zelt aufstellen darf. Die Wiese ist aber so nass, dass der Seitenständer der Enduro auf dem weichen Boden einsinkt. Mit einem entschlossenen: "Just a moment, please", läuft Peter los und besorgt ein Brettchen zum Unterlegen. "Thanks Peter. krk"
Unterwegs habe ich mir einen Daily Express gekauft, eine Tageszeitung, die damit wirbt, dass sie 5 p billiger sei als die Daily Mail. Schon auf der Titelseite erfahre ich: 'Germans plot to control all of Europe'. Ich erfahre, dass Deutschland sich mal wieder verschwört, die totale Kontrolle über Europa zu erlangen.
Die antideutsche Berichterstattung englischer Boulevard Blätter geht mir wirklich auf den Keks. Schon im vergangenen Jahr habe ich mich darüber geärgert.
Deshalb auf ein Wort, liebe Briten:
"Ich mag euch und ich mag Großbritannien. Ich schätze eure britische Lebensart, die Kultur und die Werte für die ihr steht und ich liebe sogar eure seltsame Küche. Sehr gerne verbringe ich meinen Urlaub bei euch in England, Schottland, Wales und Irland, aber es kränkt mich, wie ihr über mein Heimatland berichtet. So etwas tut man einfach nicht!"
Wütend kritzele ich das kleine Statement mit Bleistift in mein Reisetagebuch. Nachdem ich mich zu Ende aufgeregt habe und auch der Bleistift wieder angespitzt ist, zünde ich den Kocher an und werfe das Steak in die heiße Pfanne.Schon mit dem ersten Bissen des köstlichen Sirloin Steaks bin ich mit den Briten versöhnt und auch die BioKoteletts sind richtig klasse. Eigentlich schmecken sie genau wie richtiges Fleisch.
Zum Nachtisch gibt es eine Schale Coleslaw und etwas Birnencider. Dabei bewundere ich die alten Land Rover, die vorbeifahren.
Es fängt wieder an zu regnen und den Flake teile ich mir mit Pieps, während wir beide warm eingekuschelt in unserem Schlafsack liegen und lesen.
Morgen geht es nach Harwich, wo abends die Fähre nach Esbjerg ablegt. Dann werde ich zum ersten Mal seit einem Monat wieder in einem richtigen Bett schlafen und auch meine Titanpfanne bleibt kalt. Manchmal wünschte ich, man dürfte doch an Bord zelten.
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